KringsBrief vom 8. Juli 2022

08.07.2022

In dieser Woche mit den Themen:
fehlendes Energiekonzept, zwischen "Konzertierter Aktion" und Bundeshaushalt, Fluggastrechte weiterentwickeln

 

KringsBrief vom 8. Juli 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

steigende Energiekosten als Folge reduzierter Gas- und Öllieferungen belasten alle Verbraucher zunehmend. Die Bundesregierung hat bisher aber für kein klares und nachvollziehbares Energiekonzept gesorgt, um die drohende Energiekrise im Winter auch nur annähernd in den Griff zu bekommen. Deswegen brauchen wir dringend einen Notfallplan, um die infolge des Ukraine-Krieges galoppierenden Energiepreise abzufedern. Dazu brauchen wir natürlich den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien, was wiederum dringend Planungsbeschleunigungen voraussetzt. Es reicht ferner nicht aus, wenn der Staat nur Gasunternehmen vor der Insolvenz bewahrt, indem er Anteile übernimmt. Ebenso müssen die Bürger entlastet werden. Dies kann dann gelingen, wenn genug Energie auf dem Markt vorhanden ist. Deswegen wäre es gut, wenn die Ampel ihre Blockade aufgibt und die drei noch laufenden Kernkraftwerke, die nach bisherigen Planungen Ende des Jahres abgeschaltet werden, länger am Netz hält. Das gilt in zweiter Linie auch für die Kohlekraftwerke, die allerdings durch ihren hohen CO2-Ausstoß unsere Klimaziele extrem konterkarieren; genau das macht die temporäre Weiternutzung (auch) der Kernkraftwerke umso dringlicher. Weitere Möglichkeiten, die wir zur Entlastung der Bürger im Bundestag vorgeschlagen haben, sind, die Energiesteuer und die Mehrwertsteuer auf bestimmte Lebensmittel zu senken, und die kalte Progression schnell zu bekämpfen, so dass mehr Netto vom Brutto übrigbleibt. Zumal der Staat aufgrund der hohen Inflation ohnehin mehr Steuern einnimmt.


Zwischen „Konzertierter Aktion“ und Bundeshaushalt

Die Inflation bewegt sich unbeeindruckt von „Ampel-Entlastungspaketen“ weiterhin auf Rekordniveau. Der im Kabinett beschlossene Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2023 macht die Finanzzwänge des Bundes deutlich: Zwar will Minister Lindner die Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten. Hierzu werden alle finanziellen Möglichkeiten ausgereizt – insbesondere die Entnahme aus der Rücklage in Höhe von 40,5 Mrd. Euro und Ausschöpfung der Kreditobergrenze mit einer Nettokreditaufnahme von 17,2 Mrd. Euro – obwohl erhebliche Unsicherheiten bestehen: Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie und permanente Mehrforderungen aus den Reihen der Koalition. Zusätzlich werden weder klare Prioritäten gesetzt noch strukturelle Probleme des Bundeshaushalts angegangen.

Gleichzeitig bereitet die Ampel schon den nächsten Schritt vor und betont, wie unsicher die zugrundeliegenden Prognosen seien. Manche Vertreter der Koalition stellen die Einhaltung der Schuldenbremse ab 2023 gar offen in Frage. Inwieweit im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens doch wieder eine Überschreitung der Schuldenbremse droht, bleibt abzuwarten. Zahlreiche Wunschprojekte der Ampel – Grundsicherung, Aktienrente, Bürgergeld, etc. – finden im Haushaltsentwurf (noch) keine Berücksichtigung. Im Ergebnis liegt alles andere als ein seriöser Haushaltsentwurf vor.

In Anbetracht all dieser Unwägbarkeiten fand das erste Treffen der von Bundeskanzler Scholz wiederbelebten „Konzertierten Aktion“ statt. Zu dieser wurden Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeberseite ins Kanzleramt eingeladen. Dieses Treffen sei als Anfang einer Gesprächsreihe zu verstehen, bei der es darum gehe, dass Politik, Wissenschaft, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gemeinsam Lösungen finden. Ziel ist dabei insbesondere eine Lohn-Preis-Spirale zu vermeiden. Aber die öffentlichen Äußerungen zur „Konzertierten Aktion“ enttäuschen. Offenbar wurden lediglich die Herausforderungen benannt und denkbare Entlastungen angesprochen. Inwieweit es auf diese Weise gelungen ist, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, blieb offen. Zumal es kein Abschlussdokument gab. Das alles ist zu wenig. Es ist weder geeignet, um öffentliche Entlastungsdebatten zu beenden, noch die Gehaltsverhandlungen einzuhegen, Lieferkettenprobleme zu beseitigen oder Fachkräfte zu gewinnen. In der Nachberichterstattung wurde das Treffen konsequenterweise als PR-Aktion für Bundeskanzler Scholz bezeichnet.

Die herausfordernde Lage bedarf einer echten Kraftanstrengung mit Lösungen statt ergebnisloser Gesprächsrunden. Klarheit, Ernsthaftigkeit und Zielgenauigkeit sind die Maßstäbe der Stunde. Diesen Maßstäben wird weder der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2023 und Finanzplan bis 2026 noch die erste Gesprächsrunde der „Konzertierten Aktion“ gerecht. Aktuell bleibt nur zu hoffen, dass die Verschuldung im Bundeshaushalt im weiteren Jahresverlauf nicht ausufert. Die Ampel muss endlich einen umfassenden und über den Tag hinausgehenden Plan vorlegen, wie sie der aktuellen Situation Herr werden will. Auch muss sie erklären, auf welche Vereinbarungen aus ihrem von der Realität überholten Koalitionsvertag sie verzichten will. Dem Wort der „Zeitenwende“ müssen auch im Bundeshaushalt Taten folgen.


Fluggastrechte weiterentwickeln

Diese Woche war die letzte ordentliche Sitzungswoche vor der Sommerpause. Traditionell finden in dieser Zeit immer recht viele parlamentarische Vorhaben ihren Anfang oder ihr Ende, bevor das Parlament sich planmäßig erst im Herbst wieder damit befassen kann. So war es auch in dieser Woche: Viele wichtige Themen wie beispielsweise der eingangs bereits erwähnte beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien, das Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA, der Antisemitismusskandal bei der documenta,  oder auch die Entscheidung über den NATO-Beitritt von Finnland und Schweden haben die Tagesordnungen des Bundestages gefüllt.

Auf einen Antrag, den ich als rechtspolitischer Sprecher mit ausgearbeitet habe, möchte ich Sie abschließend hinweisen, denn er spricht ein aktuelles und wichtiges Problem an: Das derzeitige Chaos an den deutschen Flughäfen und die Luftfahrtkrisen der vergangenen Jahre – insbesondere die Pleite von AirBerlin und die branchenweiten Probleme infolge der Corona-Krise – haben gezeigt: Fluggäste sind oft schutzlos, wenn es zu Flugunregelmäßigkeiten kommt. Waren Überbuchungen, Annullierungen und Verspätungen von Flügen bereits vor Corona ein Problem für die betroffenen Fluggäste, stellte die Pandemie Flugreisende trotz bestehender Fluggastrechte vor Schwierigkeiten ungekannten Ausmaßes. Millionen Tickets wurden storniert und Passagiere warteten – trotz eindeutiger Rechtslage etwa durch die EU-Fluggastrechte-Verordnung – teilweise monatelang auf Erstattung der Ticket-Kosten. In vielen Fällen mussten die Passagiere ihre Ansprüche aus der Fluggastrechte-Verordnung gegenüber den Luftfahrtunternehmen erst gerichtlich geltend machen.

Mit unserem Antrag zeigen wir bestehende Defizite auf und machen Vorschläge, wie die Bundesregierung für Abhilfe sorgen kann. Insbesondere soll die zivilrechtliche Durchsetzbarkeit von Erstattungsansprüchen gestärkt sowie die Insolvenzabsicherung der im Voraus bezahlten Ticketpreise verbessert werden. Darüber hinaus wollen wir die Zusammenarbeit mit den Schlichtungsstellen ausbauen, damit Passagiere schneller zu ihren Rechten kommen. Angesichts der zahlreichen, bereits zu Beginn des Sommers verspäteten oder ausgefallenen Flüge können die Verbesserungen bei den Fluggastrechten gar nicht schnell genug kommen.


Morgen starten wir in die parlamentarische Sommerpause, so dass Sie in diesem Format aus Berlin voraussichtlich erst wieder im September von mir lesen. Ich bin aber traditio-nell in meinem Wahlkreis auf meiner alljährlichen Sommertour unterwegs, wo wir uns vielleicht persönlich sehen. Zudem können Sie meine Aktivitäten auf meiner Homepage (www.guenter-krings.de) und meinen Social Media-Kanälen verfolgen.

Ich wünsche Ihnen in einer schwierigen Zeit umso mehr einen schönen Sommer und gute Erholung!


Herzliche Grüße

Ihr Günter Krings