KringsBrief vom 3. Juni 2022

03.06.2022

Heute mit den Themen:
Sondervermögen Bundeswehr, Bundeshaushalt 2022 wird Herausforderungen nicht gerecht, 100 Tage Krieg in der Ukraine 

 

KringsBrief vom 3. Juni 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit Jahren kämpft die Unionsfraktion für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr. Lange Zeit haben immer wieder die SPD und der damalige Finanzminister Olaf Scholz in der Großen Koalition blockiert. Wir in der Union haben bereits vor einem Jahrzehnt eingesehen, dass die Sparpolitik bei unseren Streitkräften ein Fehler war. Erst nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 konnte die Union den Verteidigungshaushalt gegen den Widerstand des damaligen Koalitionspartners SPD von unter 30 Milliarden immerhin auf über 50 Milliarden Euro aufstocken. Der brutale und menschenverachtende russische Angriffskrieg in der Ukraine hat nun auch den Ampel-Fraktionen deutlich gemacht, dass Deutschland die Bundeswehr stärken und deutlich mehr in Verteidigung investieren muss. Es ist gut, dass jetzt endlich eine Einigung für unsere Streitkräfte auf den Weg gebracht wurde, nämlich 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr in einem Sondervermögen bereitzustellen. Dass der Bundeskanzler jetzt für die Mittelaufstockung eintritt, die er als Finanzminister noch vor einem Jahr abgelehnt hat, werte ich als ein gutes Zeichen.

Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollen insgesamt 100 Milliarden Euro für die Ausstattung und Ausrüstung der Bundeswehr fließen – zusätzlich zu den vorgesehenen Ausgaben über den Verteidigungsetat. Dabei sind alle sechs Punkte, die der Unionsfraktion wichtig waren, in der Vereinbarung berücksichtigt. So sollen die Mittel ausschließlich den Streitkräften zur Verfügung stehen. Die Beschaffungsvorhaben werden in einem Wirtschaftsplan aufgelistet und der Haushaltsausschuss wird die Ausgaben überwachen. Die Bundeswehr kann so schnell und effektiv mit modernen Waffensystemen ausgestattet werden, ohne dass es an parlamentarischer Kontrolle mangelt. Das Sondervermögen wird zudem im Grundgesetz fest verankert werden, dafür wird die Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten benötigt. Deutschland erfüllt dann auch erfreulicherweise endlich seine NATO-Verpflichtung, zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben.
 

Haushalt 2022 verabschiedet

In dieser Woche wurde der Bundeshaushalt für das Jahr 2022 abschließend diskutiert und beschlossen. Normalerweise fällt diese Entscheidung in den November des Vorjahres, angesichts der Bundestagswahl im September 2021 und des Regierungswechsels musste die Beschlussfassung in das laufende Jahr verschoben werden. Nun wird aber endlich die vorläufige Haushaltsführung beendet.

Der von der Ampel vorgelegte zweite Entwurf zum Haushaltsgesetz 2022 wird den aktuellen Herausforderungen allerdings nicht gerecht. Der Bundeshaushalt befindet sich infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges in einer Schieflage. Die aktuelle Rekordinflation von über sieben Prozent stellt für die Menschen und Unternehmen in unserem Land eine erhebliche und zunehmende Belastung dar. Auf all dies müsste die Ampel reagieren. Statt klare Prioritäten zu setzen, wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen und für die erforderliche Gegenfinanzierung zu sorgen, verteilt die Ampel das Geld nach dem Wünsch-dir-was-Prinzip und für den Koalitionsfrieden wird Geld wie mit dem Helikopter verteilt. Im Ergebnis führt dies zu einer unnötig hohen Neuverschuldung von knapp 140 Mrd. Euro. Nach unserer Auffassung wäre hingegen eine Senkung der Neuverschuldung im Umfang von 88 Mrd. Euro möglich – trotz des von uns geforderten Entlastungspaketes mit einem Volumen von 40 Mrd. Euro. Voraussetzung dafür wären eine kluge Priorisierung der Ausgaben, eine Personalbremse und die Verwendung bislang ungenutzter Gelder.

Die angekündigte Zeitenwende, die eine echte Prioritätensetzung erfordert hätte, fällt somit im Haushalt aus. Auch liefert der Bundeshaushalt keine Antworten auf die hohe Inflation, unter der viele Menschen ganz konkret leiden. Manchmal vergisst die Ampelkoalition sogar diejenigen, die Unterstützung am nötigsten haben: So gehen Rentner und Studenten bei der Energiepreispauschale ärgerlicherweise leer aus. Bürger und Unternehmen ächzen unter den extremen Teuerungen beispielsweise bei Lebensmitteln, Rohstoffen und Energie. Wenn es um richtige Prioritätensetzung geht, kann der Staat nicht zum Inflationsgewinner werden und Bürger und Unternehmen zu Inflationsverlierern. Was sich für den Staat auf der Einnahmeseite positiv darstellt, ist für Bürger und Unternehmen an vielen Stellen eine extreme Belastung. Hier muss wirksam gegengesteuert werden.

Als Union fordern wir deswegen ein Entlastungspaket von rd. 40 Mrd. Euro bei gleichzeitiger Senkung der Neuverschuldung um gut 88 Mrd. Euro auf 50,8 Mrd. Euro (vorher 138,9 Mrd. Euro). Dieser Vorschlag verbindet aktuelles Krisenmanagement mit zukunftsgerichteter Haushaltspolitik. Dabei schlägt die Union die Auflösung der Rücklage (frühere sog. „Asyl-Rücklage“) in Höhe von 48,2 Mrd. Euro vor. Denn auch der Bundesrechnungshof kritisiert diesen Fortbestand massiv. Wann, wenn nicht jetzt, sollte der richtige Zeitpunkt sein zum Einsetzen dieser Mittel zum Wohle Deutschlands? Angesichts der Vielzahl von Herausforderungen ist es geboten, sich ehrlich zu machen und die Neuverschuldung so gering wie möglich zu halten. Im Rahmen unseres Entlastungspaketes wollen wir etwa bei der Energiepreispauschale die Gerechtigkeitslücke schließen, indem u.a. Rentner und Studenten in den Empfängerkreis einbezogen werden. Das Paket richtet sich an die arbeitende Bevölkerung, berücksichtigt die Unternehmen, die Pendler sowie Familien, Rentner, Alleinerziehende und sozial Schwache. Mit der Reduzierung der Neuverschuldung sorgt unser Vorschlag zugleich für weniger Zinsausgaben in der Zukunft und schafft damit finanzielle Spielräume für nachkommende Generationen. Unsere Kinder und Enkel sollen nicht auf noch höheren Schuldenbergen spielen. Insoweit partizipieren alle Gesellschaftsschichten – ob jung oder alt.

Eines ist in diesem Bundeshaushalt besonders ärgerlich: Anstatt eine zielgerichtete Personalbremse durchzusetzen, wird der Staatsapparat immer weiter aufgebläht. Kritisch sehe ich dabei nicht das Mehr an Personal für den Zoll oder manche Sicherheitsbehörde. Aber der Rekordaufwuchs mit Hunderten neuer Stellen in der Ministerialbürokratie ist eine falsche Weichenstellung zur falschen Zeit.


Die traurige Realität: 100 Tage Krieg in Europa

Heute hat die Plenarsitzung im Bundestag damit begonnen, dass die Bundestagspräsidentin Bas den ukrainischen Präsidenten der Werchowna Rada, Ruslan Stefantschuk, unter langanhaltendem Beifall der Abgeordneten begrüßt hat. Das ist an dem heutigen Tag umso bedeutender, da vor genau 100 Tagen der völkerrechtswidrige Krieg in der Ukraine begonnen hat. Seit 100 Tagen schon sterben ukrainische Soldaten bei der Verteidigung ihres Landes gegen die russische Kriegsmaschinerie. Seit 100 Tagen müssen ukrainische Familien fliehen, werden Zivilisten von russischer Artillerie ermordet. Und vor 100 Tagen hat Russlands Präsident Putin sich zur Zerstörung der europäischen Friedensordnung entschlossen.

100 Tage sind 100 Tage zu viel. An diesen Krieg und an dieses Leid dürfen wir uns nicht gewöhnen. Es muss jeden Tag aufs Neue klargemacht werden, dass dieser Krieg nur eines ist: ein Verbrechen – eines, das sich nicht lohnen darf. Und ebenso muss immer wieder festgestellt werden, dass die Ukraine diesen Kampf nicht für sich allein führt. Sie verteidigt konkret ihr Land, aber auch die Herrschaft des Rechts in Europa.

Eine bittere Erfahrung der letzten zwei Jahrzehnte mit Putin als Präsident ist, dass er nur dann zu diplomatischen Zugeständnissen bereit ist, wenn er in die Defensive gerät. Putin wird den Angriffskrieg auf die Ukraine nur beenden und sich mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj an den Verhandlungstisch setzen, wenn die Fortführung des Kampfes für ihn risikoreicher ist als Friedensverhandlungen. Deshalb muss die Ukraine mit Hilfe westlicher Waffen in die Lage versetzt werden, Putin militärisch die Stirn zu bieten. Waffenlieferungen an die Ukraine verlängern nicht den Krieg, sondern können helfen, das Schlachten in der Ukraine zu beenden.

Deshalb war es so wichtig, dass die demokratischen Fraktionen des Bundestags auf Druck der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 28. April die Bundesregierung zu einer intensiven Unterstützung der Ukraine, zur Lieferung auch schwerer Waffen für die Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg aufgerufen haben. Der Beschluss erfolgte mit überwältigender Mehrheit, mit unseren Stimmen als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie denen der Regierungsfraktionen. Doch nach wie vor warten die ukrainischen Streitkräfte auf die versprochenen Waffen aus Deutschland und zahlen währenddessen einen hohen Blutzoll. Die Bundesregierung hat den eindeutigen Auftrag des Parlaments bisher ignoriert. Stattdessen hören wir von den Koalitionären widersprüchliche Aussagen zu vermeintlichen Absprachen innerhalb der NATO – von denen außerhalb der Bundesregierung offenbar noch niemand gehört hat.

Bei allem offenen Streit in der Koalition ist klar: Bundeskanzler Scholz bremst die nötigen und versprochenen Waffenlieferungen weiter aus. Er missachtet den klaren Willen des Parlaments. Das Ansehen Deutschlands bei unseren Verbündeten ist auf einem Tiefpunkt. Wir werden weiter darauf bestehen, dass dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 28. April 2022 endlich auch Taten der Bundesregierung folgen. Die Ukraine braucht jetzt die Mittel, um sich und Europa zu verteidigen. Wenn wir noch einmal 100 Tage warten, könnte es zu spät sein.

Herzliche Grüße

Ihr Günter Krings