KringsBrief vom 28. Januar 2022

28.01.2022

In dieser Woche mit den Themen:
Debatte zur Impfpflicht, Ukraine-Krise, KfW-Förderstopp, Normenkontrollklage gegen Nachtragshaushalt

 

KringsBrief vom 28. Januar 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn sich die Bundesregierung in einer der zentralen Fragen in der Pandemie, der größten Krise der Nachkriegszeit, weigert, eine Position zu beziehen oder einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, dann kann ich dies nur als "Flucht aus der Verantwortung" bezeichnen. Die Ampel-Koalition hat auch auf die kleine Anfrage der Unionsfraktion zur allgemeinen Impfpflicht verspätet und unzureichend geantwortet. Wer wie oft geimpft, wie die Pflicht umgesetzt und kontrolliert werden soll, bis wann sie gelten und welche Ausnahmen es geben soll – all diese Fragen bleiben offen.

Das Ob und Wie einer solchen Impfpflicht muss aber wohl überlegt sein. Es ist zwar nur ein kleiner Piks, den wir Menschen zumuten, aber es bleibt ein Grundrechtseingriff. Eine Impfpflicht muss also verfassungsrechtlich und politisch gut begründet sein und dabei insbesondere drei Fragen beantworten: Welches Ziel verfolgen wir mit ihr? Das Verfassungsgericht hat jedenfalls festgestellt, dass die Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitssystems so wichtig ist, dass der Gesetzgeber handeln darf und soll, um dessen Überlastung zu verhindern. Zweitens muss die Impfpflicht geeignet sein, um im weiteren Verlauf der Epidemie auch einen Unterschied zu machen. Und drittens setzt eine Impfpflicht voraus, dass sie auch administrierbar, durchsetzbar und notfalls auch sanktionierbar ist. Andernfalls wäre sie rechtlich schwer haltbar und würde gesellschaftlich nicht akzeptiert.

Und gerade an diese Verantwortung habe ich die Regierung bei meiner Rede im Rahmen der Orientierungsdebatte zur allgemeinen Corona-Impfpflicht erinnert. Auch wegen der Zögerlichkeit der Bundesregierung kommt für die aktuelle Omikron-Variante eine Impfpflicht offensichtlich zu spät. Aber es ist leider nicht auszuschließen, dass weitere Corona-Wellen kommen werden.

Was wir deshalb brauchen, ist eine vorausschauende und vorsorgende Politik und das heißt für mich: Erlass eines Vorrats-Gesetzes, das eine allgemeine Impfpflicht noch nicht unmittelbar einführen muss, mit dem wir aber vorbereitet sind. Sobald sich die Notwendigkeit einer Impfpflicht abzeichnet, kann dann eine allgemeine oder partielle Impfpflicht mit einem einfachen Bundestagsbeschluss scharf geschaltet werden.

Und aus Vorsorge-Gründen müssen wir jetzt ein nationales Impfregister aufbauen. Dazu muss die neue Bundesregierung ihre Blockadehaltung gegen ein solches Register schnellstens aufgeben. Durch ein Impfregister können wir mehr zur Impfsituation in Deutschland wissen, Menschen gezielt zum Impfen ermutigen und auch für die Durchsetzung einer möglichen Impfpflicht gut vorbereitet zu sein.


Scholz lässt Führung in Ukraine-Krise vermissen

Doch nicht nur in der Frage nach einer allgemeinen Impfpflicht mangelt es an Verantwortung und Führung von Seiten der Bundesregierung und allen voran Bundeskanzler Scholz. Der Konflikt im Osten Europas droht, sich zu einem Krieg auszuweiten; die diplomatische Maschinerie feuert aus allen Zylindern. In einer solch ernsten Lage hätten wir es für angemessen erachtet, wenn Olaf Scholz zu diesem Thema eine Regierungserklärung im Bundestag abgegeben hätte. Gestern wurde im Bundestag dann ohne Redebeitrag des Kanzlers in einer angeregten Debatte über die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine diskutiert.

Die Haltung der Union ist dabei klar: Die Situation erfordert es, dass Deutschland im Schulterschluss mit den westlichen Partnern an der Seite der Ukraine steht. Nur mit einer klaren und entschlossenen Haltung gegenüber Russland können wir die politische Stabilität in ganz Europa erhalten. Unser designierter CDU-Parteivorsitzender Friedrich Merz richtete sich in seiner Rede an den Bundeskanzler: „Nicht allein wir, die Opposition im Deutschen Bundestag, sondern auch die Menschen in unserem Land erwarten von Ihnen jetzt, dass Sie im deutschen Parlament eine klare Einschätzung der Lage aus Ihrer Sicht geben und dass Sie vor allem die Konsequenzen daraus für Deutschland und für Europa aufzeigen.“

Leider ist bisher vom Bundeskanzler nicht viel Entschlossenheit erkennbar, sodass sogar in den USA Zweifel an der Zuverlässigkeit Deutschlands im Bündnis entstanden sind. „Sie führen nicht, weder in Deutschland noch in Europa“, kritisierte Merz gestern. Ich stimme ihm zu: Wir müssen nun alles dafür tun, diese Zweifel auszuräumen, um die internationale und europäische Ordnungsstruktur aufrechtzuerhalten. Dies zu schaffen, liegt in der Verantwortung der Bundesregierung.


KfW-Förderstopp zurücknehmen

In dieser Woche hat eine Entscheidung der Ampel-Koalition mit Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck für große Aufmerksamkeit gesorgt: Die Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) der KfW ist sofort und vollständig gestoppt worden. Dieser plötzliche Förderstopp sorgt aber für große Verunsicherung bei privaten Bauherren und Fragezeichen bei wichtigen Investitionen. Fest eingeplante Finanzierungen sind nun geplatzt – die betroffenen Menschen hängen in der Luft. Diese Entscheidung ist fatal und ein falsches Signal für den Klimaschutz und die Planungssicherheit von Bauvorhaben.

Besonders ärgerlich ist das plötzliche Aus der KfW-Förderkredite für Bauherren, die bereits Anträge auf die gestoppte Förderung gestellt oder sich bei ihren Planungen auf Förderungen verlassen haben. Das ist nicht hinnehmbar und muss schleunigst von Bundeswirtschaftsminister Habeck korrigiert werden.

Die Bundesregierung muss auch mehr als bloß vage eine Anschlussförderung ankündigen, sondern sehr konkret deutlich machen, was unter welchen Bedingungen in welchem Umfang künftig gefördert wird. Darauf beruhen die Planungen von vielen privaten Bauherren und Familien. Baupolitik braucht verlässliche politische Rahmenbedingungen. Dieses Vertrauen beschädigt die Ampel nun leider nachhaltig, wenn sie vielen Eigentümern und Bauherren von heute auf morgen den Boden unter den Füßen wegzieht.

Außerdem müssen wir massive Folgen für den Wohnungsmarkt befürchten. Die Entscheidung torpediert Ziele wie bezahlbares Wohnen und Energieeffizienz. Faktisch wird Bauen und Wohnen durch diese Entscheidung der Ampel-Koalition teurer oder die Bundesregierung macht wichtigen neuen Bauvorhaben sogar komplett einen Strich durch die Rechnung.

Vor allem die Grünen sind leider bereits mehrfach mit Maßnahmen aufgefallen, die den Bau von Wohneigentum gerade für Einfamilienhausbesitzer erschweren – hier handelt es sich offenbar um einen Kampf gegen das Eigenheim. Betroffen sind auch viele Betriebe und Firmen, die nun unsicher sind, ob geplante Projekte nun auch auf die Baustelle kommen.

Die Zahlen, die Bundesminister Habeck gestern selbst genannt hat, sprechen außerdem für sich: 24.000 gestellte Anträge auf die KfW-Förderung werden nicht bewilligt, 22.000 davon stammen von Privathaushalten.


Normenkontrollklage gegen Nachtragshaushalt

Gestern hat der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition den Nachtragshaushalt 2021 beschlossen. Die Koalition transferiert damit 60 Mrd. EUR an nicht genutzten Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2021 in den Energie- und Klimafonds (EKF). Anstatt geringere Schulden zu machen, schafft sie sich damit einen verfassungswidrigen Ausgabenpuffer für die nächsten Jahre. Dieser Trick dient einzig der Geldbeschaffung; die Haushaltsmittel sollen für die nächsten Jahre kurzfristig geparkt und bei Bedarf verfügbar gemacht werden. Ziel der Ampel ist es, die Schuldenregeln des Grundgesetzes zu umgehen: Mittelabflüsse aus dem EKF würden zukünftig nicht mehr auf die für die Schuldenbremse relevante Kreditaufnahme angerechnet. Durch diese kreditfinanzierte Rücklagenbildung werden haushaltsverfassungsrechtliche Grundsätze wie das Jährlichkeitsprinzip, das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Haushaltsklarheit und -wahrheit in Frage gestellt.

In meinem letzten KringsBrief habe ich bereits darüber geschrieben, wie groß meine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes sind. Viele meiner Fraktionskollegen teilen diese Bedenken. Deshalb haben diese Woche praktisch alle Mitglieder unserer Fraktion unseren Justiziar Ansgar Heveling bevollmächtigt, eine Normenkontrollklage einzureichen, um das Vorgehen der Regierungskoalition vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe prüfen zu lassen.

Ich finde es richtig, dass wir das Thema Klimawandel angehen, wozu erhebliche finanzielle Mittel erforderlich sind. Aber: Das Verfahren zur Mobilisierung dieser Mittel muss verfassungskonform sein. Wenn man mit einer x-beliebigen Begründung Schulden auf Vorrat macht und Sondervermögen schafft, öffnet man der Umgehung der Schuldenbremse Tür und Tor. 

Herzliche Grüße

Ihr Günter Krings