KringsBrief vom 24. Juni 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
CDU und GRÜNE stellen sich in NRW gemeinsam der Regierungsverantwortung: Hendrik Wüst und Mona Neubauer haben gestern den Zukunftsvertrag für NRW vorgestellt. Die neue Landesregierung steht für mehr Nachhaltigkeit und einen umfassenden Klimaschutz, eine zukunftsfähige Infrastruktur, Investitionen in Bildung und solide Finanzen. Durch diese Politik wollen wir künftigen Generationen ihre Freiheitsräume sichern.
Auch die Energiesouveränität und die Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung stehen bei der neuen Koalition ganz oben. Um dies zu erreichen, wollen wir einen beschleunigten Ausbau Erneuerbarer Energien. Hierzu werden wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren standardisieren, digitalisieren und vereinfachen. Den Kohleausstieg wollen wir gemeinsam bis 2030 umsetzen. Die Braunkohle muss unter den jetzigen Umständen aber bis zum Ausstieg einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Alle fünf Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnitts des Tagebaus Garzweiler wollen wir dabei erhalten.
Zudem werden wir jährlich 3.000 Polizeikräfte einstellen und einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität legen, insbesondere bei der Clan-, Rocker- und Mafia-Kriminalität.
Im Bereich Schule werden 10.000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer angeworben. Damit auch tatsächlich mehr Lehrkräfte langfristig zur Verfügung stehen, wird schwarz-grün die Zahl der Studienplätze an den Universitäten ausbauen.
Die Koalitionsverhandlungen, bei denen ich für die CDU gemeinsam mit Minister Lienenkämper die Gespräche zum Querschnittsthema "Finanzen und Personal" koordiniert habe, waren von großer Konzentration und sachorientiertem Lösungswillen geprägt. So ist ein Stück Vertrauen entstanden, das die neuen Partner brauchen, um die nächsten fünf Jahre gemeinsam erfolgreich für Nordrhein-Westfalen zu arbeiten. Dafür wünsche ich Hendrik Wüst und den Kolleginnen und Kollegen im Landtag NRW eine glückliche Hand. Ich freue mich darauf, seine Arbeit und die seiner Landtagsfraktion auch in den kommenden Jahren als Landesgruppenvorsitzender aus Berlin heraus zu unterstützen.
Alarmstufe des Notfallplans Gas
Eine weniger gute Nachricht verkündete der Bundeswirtschaftsminister Habeck gestern: Er rief die Alarmstufe des Notfallplans Gas aus, nachdem vor einer Woche Russland die Gaslieferungen nach Deutschland gedrosselt hat. Die Entscheidung ist richtig, denn die Lage ist ernst. Deutschland muss jederzeit mit einer weiteren Zuspitzung rechnen. Aber eine Notlage erfordert auch die notwendigen Maßnahmen. Bundesminister Habeck hat am 31. März erklärt: "Wir sind auf alles das, was Putin entscheidet, gut vorbereitet." Noch am 12. Mai hat er unterstrichen: "Wir haben uns auf die Situation vorbereitet." Daran hatten wir schon damals Zweifel. Die Bundesregierung ignoriert weiterhin den von den Ampelfraktionen mitgetragenen Beschluss des Bundestages, einen transparenten Fahrplan für den Ersatz russischer Energie vorzulegen. Das könnte sich nun rächen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert seit Monaten von der Bundesregierung, ein umfassendes „Winterpaket“ zu erarbeiten und darin aufzuzeigen, wie wir auch ohne russische Energie gut über den nächsten Winter kommen können. Die Ampel lässt weiterhin entscheidende Fragen unbeantwortet:
1. Warum hat die Ampel nicht schon längst den Einsatz von Gas bei der Erzeugung von Strom gedrosselt? Entscheidungen für Alternativen zur Gasverstromung sind überfällig. Die Gasspeicher könnten höher stehen, wenn z.B. die Kraftwerke aus der Reserve früher genutzt worden wären. Wir müssen bis Herbst speichern, was auch immer geht. Um die Gasverstromung einzuschränken, wird daher eine stärkere Nutzung der Kohlekraftwerke notwendig sein. Aber mehr Kohle und damit mehr CO2-Ausstoß ist nicht alternativlos: Auch mit einem befristeten Heben des Biomasse-Deckels kann mit Biogas zusätzlicher Strom erzeugt werden.
2. Welchen Beitrag für die Versorgungssicherheit können Kernkraftwerke leisten? Sollen wirklich die letzten drei Kernkraftwerke inmitten des Winters abgestellt werden, in dem die Bundesregierung eine Energie-Notlage befürchtet? Eine Entscheidung dazu muss jetzt getroffen werden, im Herbst ist es zu spät. Jetzt ist die Zeit für einen Kernkraftkompromiss.
3. Wie setzt die Ampel schnellstmöglich Anreize zum Energiesparen in die Praxis um? Oberstes Gebot ist Energie einzusparen. Die Union hat im Bundestag Vorschläge für Energiespargutscheine für Haushalte und Sparauktionen für die Industrie vorgelegt. Die Menschen müssen merken: Wer Gas spart, profitiert persönlich! Bei den Einsparungen müssen auch öffentliche Gebäude vorangehen und ab sofort beim Kühlen, Heizen und der Beleuchtung strikt sparen. Neben dem wichtigen Signal kommen so erhebliche Einsparungen zusammen und entlasten damit Wohnen und die Wirtschaft.
4. Wie entlastet die Ampel die Menschen und Unternehmen mit Blick auf mögliche weitere Preisanstiege? Der Preisanpassungsmechanismus der Ampel im Energiesicherungsgesetz löst nicht das Problem exorbitant steigender Preise in der Notlage, sondern verschiebt die Belastung von Gasimporteuren auf Haushalte und Betriebe. Deshalb haben wir dieser Regelung im Bundestag nicht zugestimmt. Als Union haben wir die Bundesregierung aufgefordert, eine Lösung des Problems vorzulegen. Das ist noch immer nicht erfolgt – und der Mechanismus kann noch nicht angewendet werden.
5. Welche Gasvorkommen können auch kurz- bis mittelfristig noch in Deutschland, etwa in der Nordsee, erkundet werden, um heimische Quellen zu nutzen und neue Abhängigkeiten zu verhindern?
Die Bundesregierung muss jetzt sehr kurzfristig Antworten geben, was möglich ist, nicht noch mehr Aussagen, was angeblich alles nicht geht. Wir brauchen jetzt einen nationalen Kraftakt für Energiesicherheit - in einem Bündnis von Bund, Ländern und Kommunen. Jede Kilowattstunde Gassparen zählt. Es muss alles in die Waagschale: Ersatzgas-Einkauf, alle Alternativen zur Verstromung von Erdgas und Einsparungen. Die Bundesregierung muss in einem detaillierten Plan darlegen, welche Kapazitäten zusätzlich beschafft wurden, was eingespart werden kann und was die Alternativen zur Gasverstromung bringen. Die täglichen Wasserstandsmeldungen zur Gasspeicher-Füllung ersetzen nicht ein belastbares Vorsorge-Konzept für den nächsten Winter. Für den Kohleausstieg bedeutet eine kurzfristig stärkere Nutzung der Kohle einen Umweg. Die Klimaziele aber bleiben. Umso mehr müssen nicht nur CO2-sparende Alternativen geprüft werden: Die Bundesregierung ist aufgerufen, Vorschläge für CO2-Einsparung in anderen Bereichen zu machen. Dazu ist sie aufgrund des Klimaschutzgesetzes ohnehin verpflichtet.
Kinderschutz ist ein zentrales Anliegen der Union
Auch rechtspolitisch gab es diese Woche viele Themen im Plenum des Bundestages:
Zum einen haben wir den von mir mit verfassten Unionsantrag „Kinderschutz vor Datenschutz“ debattiert. Darin fordern wir die Regierung auf, ihre Untätigkeit beim Kinderschutz zu beenden und endlich wirksame, rechtliche Mittel im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern einzusetzen. Die dramatische Entwicklung in diesem Bereich – eine Verdopplung der Fälle von Kinderpornographie zwischen 2020 und 2021 auf mittlerweile über 39.000 Fälle – können und dürfen wir nicht ignorieren. Jedes Opfer ist eines zu viel. Der Schutz unserer Kinder ist ein wichtiges Anliegen der Union. Leider beschränkt sich die Ampelregierung beim Kinderschutz bisher nur auf Absichtsbekundungen.
Die aktuelle Rechtslage in Deutschland ist unbefriedigend, da einschlägigen Hinweisen mangels Speicher- und Meldepflichten der Telekommunikationsanbieter in den seltensten Fällen nachgegangen werden kann. Der Vorschlag der Ampel-Regierung, Verbindungsdaten erst nach einem Verdachtsfall zu speichern (sog. Quick-Freeze) ist leider untauglich – denn die relevanten Daten sind zu diesem Zeitpunkt häufig bereits gelöscht. Aus einem leeren Kühlfach kann man eben nichts mehr rausholen.
Als Union fordern wir daher zum einen eine bessere personelle und technische Ausstattung unserer Ermittler. Zum anderen wollen wir Telekommunikationsanbieter verpflichten, für sechs Monate nur die IP-Adressen ihrer Kunden zu speichern und dies ausschließlich zum Zwecke der Bekämpfung von schweren Straftaten gegen Kinder. Mit diesem Vorschlag halten wir uns an die rechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sowie der europäischen Rechtsprechung und ermöglichen den tatsächlichen, effektiven Schutz der Schwächsten in unserer Gesellschaft. Schnelles Handeln ist jetzt dringend notwendig.
In einer weiteren Debatte hat die Ampel-Koalition heute im Bundestag gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Abschaffung des § 219a Strafgesetzbuch (Werbeverbot für Schwan-gerschaftsabbrüche) beschlossen. Ich bin überzeugt: Die Abschaffung des Werbeverbotes ist ein Fehler. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, den Schutz des ungeborenen Lebens im öffentlichen Bewusstsein zu erhalten. Denn das ungeborene Kind besitzt Menschenwürde von Anfang an. Werbung steht dieser Aufgabe ganz offensichtlich entgegen. Wer Werbung erlaubt, der nimmt billigend in Kauf, dass Schwangerschaftsabbrüche als normale medizinische Dienstleistung dargestellt und wahrgenommen werden. Aber das sind sie nicht!
Wir haben mit der aktuellen Regelung des straffreien Schwangerschaftsabbruchs nach Beratung einen guten Kompromiss in Deutschland, zu dem auch das Werbungsverbot zählt. Diese Beratungslösung geht klug auf den Grundrechtskonflikt zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensrecht des Kindes ein. Dabei ist völlig klar: Die Frau hat das alleinige Entscheidungsrecht. Und niemand zweifelt dieses Recht an. Durch die Beratung wird aber auch auf das ungeborene Kind hingewiesen und es werden Lösungen aufzeigt, die ein Leben mit Kind ermöglichen können. Werbung passt nicht zu diesem fein austarierten Schutzkonzept.
Das Hauptargument der Ampel greift zudem ins Leere. Es gibt schlicht kein Informationsdefizit. Schon heute wird durch das Zusammenwirken von Beratung, individueller ärztlicher Aufklärung und den Informationen im Internet jede Frage zum Schwangerschaftsabbruch beantwortet. Trotzdem kann es noch mehr Informationen auf den Webseiten der Ärztinnen und Ärzte geben. Und wenn es der Ampel-Koalition nur darum gehen würde, die Informationsmöglichkeit für Ärzte auszuweiten, könnten wir das ohne weiteres mit einer Veränderung des Paragraphen 219a StGB erreichen. Dazu war die Union bereit. In unserem eigenen Antrag sprechen wir uns auch für mehr Unterstützung für Frauen mit geringem Einkommen beim Kauf von Verhütungsmitteln aus, damit ungewollte Schwangerschaften verhindert werden. Auch darauf ist die Koalition leider nicht eingegangen.
Hinzu kommt, dass der im Gesetzentwurf enthaltenen Urteilskassation (d.h. die Aufhebung aller früheren Verurteilungen nach §219a) eine tragfähige Begründung fehlt und sie ein tiefer Eingriff in die Regel der Gewaltenteilung ist. Wenn die Ampel es zur Regel macht, dass Rechtsänderungen mit der Aufhebung aller Gerichtsurteile nach dem bislang geltenden Recht einhergehen, ist das zugleich ein Schlag ins Gesicht aller Richterinnen und Richter, die vollkommen korrekt an Verfahren mitgewirkt haben. Dies untergräbt letztlich das Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Außerdem ist diese Regelung absolut widersprüchlich, denn irreführende Werbung für Schwangerschaftsabbrüche bleibt künftig weiterhin unter Strafe gestellt, nun aber über das Heilmittelwerbegesetz. Gleichzeitig sollen aber sämtliche früheren Urteile aufgehoben werden – also auch die Urteile, die irreführende Werbung betreffen.
Herzliche Grüße
Ihr Günter Krings
Empfehlen Sie uns!