KringsBrief vom 17. Mai 2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
unser parlamentarisch-demokratisches System hat sich bewährt. Die Gewaltenteilung, der Grundrechtsschutz und ein plurales Parteiensystem haben zur institutionellen und politischen Stabilität beigetragen. Dennoch ist die freiheitliche Demokratie keine Selbstverständlichkeit. Über 70 Prozent der Weltbevölkerung leben in Staaten mit autokratischen oder teil-autokratischen Staatsformen. Und auch in unserem Land vermehren sich die Freunde von Autokratie und Despotie.
Umso mehr dürfen wir uns zum 75. Geburtstag unseres Grundgesetzes über eine stabile parlamentarische Demokratie freuen. Ein solcher Jahrestag kann und darf immer auch Anlass sein, um über Verbesserungen nachzudenken. Vor allem aber muss er Anlass sein, das Erreichte wertzuschätzen und für die Bewahrung unserer parlamentarischen Demokratie einzutreten! Ich sehe es daher mit Sorge, wenn der Bundestag zwar in Sonntagsreden viel freundliches Lob erfährt, dann aber wochentags seine Kompetenz bezweifelt oder seine Repräsentationsfunktion delegitimiert wird. Kommissionen, die wesentliche Entscheidungen des Gesetzgebers determinieren, werden von der Regierung und ohne Beteiligung des Parlaments eingesetzt — zuletzt zu einer so wesentlichen Frage wie dem Schutz des ungeborenen Lebens.
Immer wieder wird die Einführung von Volksabstimmungen gefordert oder eine starke Rolle für Bürgerräte bei politischen Entscheidungen verlangt — weil man dem Parlament die Kraft zur Integration der verschiedenen gesellschaftlichen Meinungen und Strömungen nicht mehr zutraut. Schließlich stellt eine Identitätspolitik das Fundament der repräsentativen Demokratie in Frage. Denn jeder Abgeordnete ist Vertreter des ganzen Volkes. Und es ist ein Irrglaube, dass bestimmte, streng abgegrenzte Personengruppen als Segmente unserer Gesellschaft nur von ihresgleichen im politischen Prozess vertreten werden können.
Es ist richtig, dass wir uns mit einer noch stärkeren rechtlichen Absicherung unseres Verfassungsgerichts als Hüter des Grundgesetzes beschäftigen. Um unsere Demokratie zu erhalten, ist allerdings auch ein faires Wahlverfahren zum Bundestag unabdingbar, dass wir uns als Union derzeit erst vor dem Bundesverfassungsgericht erstreiten müssen. Der Schlüssel zur Krisenfestigkeit unserer parlamentarischen Demokratie liegt nicht allein im Grundgesetz. Wenn sich Menschen von unserer Demokratie abwenden, kann sie nicht einmal die beste Verfassung der Welt alleine zurückholen.
Von der Demokratie überzeugen können wir sie auf Dauer nur mit guter und verantwortungsvoller Politik. Unsere Demokratie braucht deswegen auch in Zukunft weniger verfassungsrechtliche Experimente als kluge Politik und überzeugte Demokraten.
Gestern haben wir im Bundestag zwei Anträge zu diesem Thema beraten. Meinen eigenen Antrag „75 Jahre Grundgesetz – Unsere parlamentarische Demokratie bewahren und sicher für die Zukunft aufstellen“ finden Sie am Ende dieses Newsletters. Und auch ein Video meiner Rede habe ich Ihnen dort verlinkt.
Bürokratieentlastung scheitert unter der Ampel
Heute habe ich eine weitere Bundestagsrede gehalten, und zwar zum Regierungsentwurf des „Bürokratieentlastungsgesetzes IV“. Die überbordende Bürokratie und Regulierung ist inzwischen das größte Investitionshemmnis für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Und es ist in den letzten Jahren immer schlimmer geworden. Der Normenkontrollrat bescheinigt, dass der laufende Erfüllungsaufwand durch die Bundesgesetzgebung noch nie so stark angestiegen ist wie zurzeit. Durch ihre Regulierungswut hat die Ampel-Regierung die Vorbildrolle Deutschlands in Sachen Bürokratieabbau in wenigen Jahren zu einem abschreckenden Beispiel verkehrt.
Das heute vom Bundesjustizminister eingebrachte Bürokratieentlastungsgesetz ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Die Maßnahmen sind aber zu schwach, um wirkliche Entlastung zu bringen. Die Bundesregierung sollte sich ein Beispiel nehmen an den methodischen Reformvorschlägen, welche die Union schon vor Monaten präsentiert hat. Unseren entsprechenden Antrag, den die Ampel-Regierung im März final abgelehnt hat, habe ich unten verlinkt.
Unser Antrag: Den politischen Islam als Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie jetzt wirksam bekämpfen.
Ende April zogen über 1.000 Demonstranten unter dem Motto „Das Kalifat ist die Lösung“ durch Hamburg. Sie forderten einen islamischen Gottesstaat und die Einführung der Scharia. Am vergangenen Wochenende gab es erneut Kundgebungen mit etwa 2.000 Teilnehmern. Diese extremistischen Gruppierungen und ihre Anhänger sind eine Bedrohung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Die Forderung nach Errichtung eines islamistischen Terrorstaats ist dennoch bei uns bisher nicht strafbar – anders als etwa in Österreich.
In Deutschland halten sich rund 27.480 Personen auf, die von den Sicherheitsbehörden dem Islamismus zugerechnet werden. Dem islamistisch-terroristischen Personenpotenzial werden 1.680 Personen zugeordnet, davon besitzen etwa 820 Personen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Bundesregierung sind für 2023 aber nur acht Abschiebungen von islamistischen Gefährdern in ihre Heimatländer bekannt.
Der Rechtsstaat muss auf die wachsende Bedrohung durch den politischen Islam reagieren. Mit unserem Antrag fordern wir deshalb eine effektive Kontrolle und Bekämpfung des politischen Islams durch die Sicherheitsbehörden sowie wirksame Maßnahmen gegen extremistische und terroristische Geldtransfers. Darüber hinaus wollen wir das Strafrecht sowie das Staatsangehörigkeitsrecht anpassen: Zukünftig soll es strafbar sein, öffentlich die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Errichtung eines Gottesstaates zu fordern. Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit, die solche extremistischen Forderungen unterstützen, sollen ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Des Weiteren fordern wir die sofortige Schließung des sogenannten „Islamischen Zentrums“ in Hamburg als Brutstätte dieses Extremismus. Der Staat muss ein klares Signal senden: Für Extremisten ist in Deutschland kein Platz. – Dieser Satz muss endlich stärkere Konsequenzen haben, im Strafrecht wie im Aufenthaltsrecht.
Wieder Koalitionsstreit zum Bundeshaushalt
Die Haushaltssituation des Bundes ist dramatisch. Bereits vor den Haushaltsanmeldungen der Ressorts klaffte im Etat 2025 eine Lücke von 25 Mrd. Euro. Mittlerweile ist diese noch größer geworden, denn statt – wie von Bundesfinanzminister Lindner erbeten – Einsparvorschläge zu unterbreiten, haben allein das Bundesentwicklungsministerium sowie das Auswärtige Amt jeweils mehr als 2 Mrd. Euro „Mehrbedarf“ angemeldet. Zusätzlich wären für eine echte Wirtschaftswende milliardenschwere Entlastungen erforderlich.
Die Bundesregierung hat keinen Plan, wie die bestehende Haushaltslücke geschlossen werden soll. Ein öffentlicher Streit zwischen den Ampelpartnern ist die Folge, und das Bundesfinanzministerium blockiert angesichts der Mehrforderungen aus den Ressorts die Kabinettbefassung des sogenannten „Rentenpakets II“. Der öffentliche Streit um den Bundeshaushalt 2025 wird einem verantwortungsvollen Regierungshandeln nicht gerecht. Dazu gehört auch: Die Menschen in Deutschland müssen sich darauf verlassen können, dass die Rente finanziell langfristig gesichert ist. Mit der Ampel ist die Rente nicht sicher. Entscheidend ist jetzt, eine nachhaltige Lösung für den Bundeshaushalt 2025 sowie die Finanzplanung bis 2028 zu finden und der Rentenversicherung eine langfristige Sicherheit zu verschaffen.
Herzliche Grüße
Ihr Günter Krings
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