KringsBrief vom 11. Juni 2021

11.06.2021

Diese Woche mit den Themen:
Positionspapier Neustaat, nachhaltige Klimaschutzpolitik, Sicherheitsgesetze, Verfassungsschutzpräsident in Mönchengladbach

 

KringsBrief vom 11. Juni 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Corona-Krise hat uns gezeigt: Unser Grundgesetz, der Föderalismus und die kommunale Selbstverwaltung haben sich grundsätzlich bewährt und bilden eine gute, starke und belastbare Grundlage. Auf der anderen Seite hat sie aber auch Handlungsbedarf in unserem Gemeinwesen offenbart. Viele unserer Strukturen und Prinzipien in Staat und Verwaltung stammen noch aus der Zeit der Stein-Hardenbergschen Reformen von vor 200 Jahren. Und wie jedes langlaufende System benötigt unser Staatswesen von Zeit zu Zeit eine Aktualisierung. Daher ist jetzt unsere Aufgabe, die richtigen Lehren aus der Pandemie zu ziehen und ein „Stein-Hardenberg 2.0“ durchzuführen, damit unser Land einfacher, agiler, digitaler und krisenfester wird.

Dazu hat die CDU/CSU-Fraktion in dieser Woche in einem Positionspapier beschlossen, an dem ich mitgewirkt habe. Die Strukturen, Ebenen, Institutionen und Verantwortlichkeiten unseres Staates und der Verwaltungsaufbau und die dazu gehörende Finanzausstattung werden hier kritisch auf den Prüfstand gestellt. Es geht mir dabei um einen gesamtstaatlichen Strukturwandel mit dem Anspruch, die Verantwortung zwischen den staatlichen Ebenen, also Bund, Länder und Kommunen klarer zu definieren und Gemengelagen aufzulösen. Das Ziel ist eine bessere und modernere Funktionsfähigkeit des Staates – mit klaren Verantwortlichkeiten.

Dafür muss Komplexität reduziert und auch die Arbeit innerhalb der Bundesebene neu ausgerichtet werden, damit unsere Verwaltungsverfahren, -systeme und -strukturen schneller werden können. Das bedeutet, dass wir Abläufe nicht nur vereinfachen, sondern auch digitalisieren müssen. Um das zu erreichen, setze ich mich unter anderem dafür ein, die Bundeskompetenzen für die strategischen Digitalisierungsaufgaben zu bündeln und zu stärken. Die ersten Schritte in diesem großen Projekt habe ich als Parlamentarischer Staatssekretär in dieser Legislaturperiode bereits in Form des Registermodernisierungsgesetzes und des Onlinezugangsgesetzes mitgestaltet. In der nächsten Legislaturperiode müssen und wollen wir diese Ansätze zu einer Staats- und Verwaltungsreform ausbauen.

Gerade beim Thema Bevölkerungsschutz wollen wir aktiv werden, um Lehren aus der Pandemiebekämpfung zu ziehen und daraus festzulegen, welche Aufgaben der Bevölkerungsschutz seitens des Bundes wahrnehmen muss.


Eine volle Sitzungswoche

Heute bringen wir die vorletzte Sitzungswoche des Deutschen Bundestages in dieser Legislaturperiode zu Ende – dementsprechend dicht gedrängt war die politische Agenda in dieser Woche. Angefangen bei der Ganztagsbetreuung für Grundschüler über die bessere Bezahlung von Pflegekräften und weniger Bürokratie für Unternehmen (Register für Unternehmensbasisdaten) über weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bis hin zu einem neuen Bundespolizeigesetz. Das ist unser Anspruch als Unionsfraktion – wir setzen uns bis zum letzten Sitzungstag für Lösungen ein, zugunsten der Menschen und auch zugunsten der Unternehmen und Betriebe. Zwei große Themenkomplexe stechen für mich dabei heraus: Der eine, weil er in der Öffentlichkeit für große Aufmerksamkeit sorgt; der andere, weil er aus „meinem“ Haus, dem Bundesinnenministerium, stammt und ich ihn mit betreut und auf den Weg gebracht habe. Es geht um Klimaschutz und innere Sicherheit.


Klimaschutz muss nachhaltig sein

Gerade in dem hart umkämpften Politikfeld Klimaschutz wird der CDU/CSU- Bundestagsfraktion oft unterstellt, nichts erreicht zu haben. So ging es gestern im Bundestag in einer strittigen Debatte um das novellierte Klimaschutzgesetz sowie die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2021 hoch her. Aus meiner Sicht sind die Unterstellungen haltlos; die Union betreibt durchaus eine ambitionierte Klimapolitik, allerdings tut sie das unter Berücksichtigung der Wirtschaft, der internationalen Partner und der Akzeptanz der Menschen. Die Zahlen untermauern dieses Argument:

  • Die unionsgeführte Bundesregierung hat ihr selbst gestecktes Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, mit rund 41 Prozent sogar übertroffen. Das bestätigen die im März 2021 veröffentlichten Emissionsdaten des Umweltbundesamtes. Teilweise hat dazu auch die Corona-Pandemie beigetragen, aber eben nicht zu einem Großteil, wie uns manch politischer Wettbewerber weismachen möchte. Ohne die Corona-Pandemie hätte Deutschland eine rund 39-prozentige Reduktion erreicht. D.h. das gute Ergebnis ist Ausdruck unserer erfolgreichen, marktwirtschaftlich orientierten und nachhaltigen Klimaschutzpolitik der letzten Jahre.
     
  • CDU und CSU haben Ende 2019 das bislang größte Klimapaket in der Geschichte unseres Landes auf den Weg gebracht. Bis 2023 sollen 54 Milliarden Euro in neue Technologien, Infrastruktur und umweltfreundliches Verhalten investiert werden. Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz als Rahmen, dem Klimaschutzprogramm 2030 (über 90 Einzelmaßnahmen) sowie der Einführung des nationalen Brennstoffemissionshandels in den Sektoren Verkehr und Wärme haben wir Meilensteine gesetzt. Insbesondere die Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 hat eine Menge an legislativen Verfahren ausgelöst, von denen die meisten bereits verabschiedet wurden.
     
  • Zwei von der Bundesregierung beauftragte unabhängige Konsortien haben im Frühjahr 2020 festgestellt, dass Deutschland sein Klimaziel für 2030 zu rund 95 Prozent erreichen wird.

Die gestern debattierte Novelle des Klimaschutzgesetzes ist eine Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 sowie der bevorstehenden Erhöhung des europäischen Klimaziels für 2030. Mit der Novelle wird der eingeschlagene Weg in der Klimapolitik konsequent und entschieden weitergegangen. So wird unser nationales Klimaziel auf minus 65 Prozent im Vergleich zu 1990 angehoben und bereits 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Mit dem Maßnahmenprogramm aus dem Klima-Paket 2019 und dem Konjunkturprogramm haben wir bereits in allen Bereichen Anreize auf den Weg gebracht, um unsere Klimaziele zu erreichen. Damit werden insgesamt 80 Milliarden Euro in Klimaschutzmaßnahmen investiert. Das ist ein klares Signal an die jüngeren Generationen, dass wir unsere Verantwortung in der Klimapolitik wahrnehmen. Wir lassen die nachfolgenden Generationen beim Klimaschutz nicht allein. Genauso wichtig ist es aber auch, die Akzeptanz der Menschen in der Gegenwart nicht zu verlieren. Deshalb setzen wir in unserer Klimapolitik auf eine neue Balance von Ökologie und Ökonomie.

Dazu gehört auch, dass wir das Mitte 2020 beschlossene Konjunkturpaket konsequent am Klimaschutz und der Förderung von Zukunftstechnologien ausgerichtet haben. Rund 50 Milliarden Euro des sog. Zukunftspakets fließen in den nächsten Jahren in die Bereiche Klimaschutz, Energieerzeugung, nachhaltige Mobilität, Digitalisierung und Forschungsförderung. Für die internationale Klimafinanzierung stellt die Bundesregierung seit 2020 übrigens rund 4 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung, davon stammen rund 80 Prozent aus dem Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Das nenne ich eine nachhaltige Klimapolitik.


Bessere Sicherheitsgesetze

Der zweite wichtige Themenkomplex sind die Sicherheitsgesetze, deren Beratungen in dieser Legislaturperiode zentrale Bedeutung gewonnen haben und die wir gestern in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschlossen haben: das Gesetz zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts und das Ge-setz zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei. Gemeinsam mit dem bereits im April vom Deutschen Bundestag beschlossenen IT-Sicherheitsgesetz 2.0, an dessen Entstehung ich beteiligt war, bilden sie ein großes Sicherheitspaket, das unsere Handschrift trägt und mit dem wir zentrale Vorhaben der Union aus dem Koalitionsvertrag umsetzen.

Im Bereich der Sicherheitsbehörden haben wir in dieser Legislaturperiode früh für einen außergewöhnlichen Personalaufwuchs gesorgt. Er hat inzwischen Dimensionen erreicht, die man ohne Übertreibung historisch nennen kann: Im Zeitraum von 2016 – 2020 haben wir den Personalkörper der Bundespolizei von 39.684 auf 49.945 Stellen, den des Bundeskriminalamtes von 5.260 auf 8.027 Stellen und den des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik von 611 auf 1.533 Stellen aufgestockt. Das sind Aufwüchse von 25, 52 und 131 Prozent. Ähnliche Zuwächse sind auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz zu verzeichnen, dessen genaue Personalstärke der Geheimhaltung unterliegt.

Mit den Sicherheitsgesetzen fügen wir nun die zweite Säule hinzu. In weiten Passagen zielen alle drei Sicherheitsgesetze darauf ab, die Befugnisse und Handlungsmöglichkeiten unserer Sicherheitsbehörden an das digitale Zeitalter anzupassen.

Vor allem beim Verfassungsschutz geht es darum, den Bedeutungsverlust und die Entwertung bestehender Kompetenzen zu verhindern, zu denen es infolge der fortschreitenden Digitalisierung kommt. Terroristen und Extremisten kommunizieren heute nicht mehr über die klassische Sprachtelefonie, sondern verschlüsselt über Chatforen und Messenger-Dienste wie Facebook bzw. WhatsApp. Die Aufklärung von Organisationsstrukturen oder möglichen Anschlagsplanungen ist aufgrund der Verschlüsselung mit herkömmlichen Mitteln wie der klassischen Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) nicht mehr möglich, sondern bedarf einer sogenannten Quellen-TKÜ.

Wenn der Verfassungsschutz nach bestehender Rechtslage am Ende eines aufwändigen Genehmigungsverfahrens bereits heute ein über ein Mobiltelefon geführtes Gespräch überwachen und einen SMS-Verkehr ausleiten darf, dann lässt sich niemandem erklären, warum es derzeit rechtlich unmöglich ist, unter den gleichen strengen Bedingungen eine WhatsApp-Nachricht mitzulesen. Gleichwohl haben wir die entsprechende Änderung der Rechtslage nur nach sehr mühsamen Verhandlungen und dem phasenweise entschlossenen Widerstand unseres Koalitionspartners erst am Ende der Legislatur erreichen können.

Gleichzeitig kommt bei mir Unverständnis auf, warum weiterhin der Bundespolizei die Befugnis zur präventiven Quellen-TKÜ verweigert wird, die die Überwachung von Messengerdiensten in Zusammenhang mit zwei schweren Verbrechen ermöglichen sollte. Dass die SPD bereit ist, dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine Befugnis zu geben, die sie hingegen mit Blick auf die Bundespolizei als „kleine Online-Durchsuchung“ diffamiert und dieser sogar zur Bekämpfung des schweren Menschenhandels und der lebensgefährdenden Schleusung vorenthalten will, kann man niemandem erklären.

Im Zusammenhang mit der Anpassung des Bundesverfassungsschutzgesetzes werden wir auch die Beobachtung von Einzelpersonen erleichtern, um im Internet durch die Beobachtung einschlägiger Plattformen und Portale frühzeitig auch auf eher stille und introvertierte Radikalisierungsverläufe aufmerksam zu werden, wie wir sie bei den Täterprofilen auf der Insel Utøya, in Christchurch, Halle und auch in Hanau hatten. Sie stellen uns ohne Zweifel vor die größten Herausforderungen und die entsprechende Rechtsänderung ist ein bedeutender Baustein der Extremismusbekämpfung.

Für unsere Polizei, und insbesondere die Bundespolizei, haben wir in dieser Legislatur einiges erreichen können: Über den bereits oben genannten Personalzuwachs hinaus haben wir die Polizeizulage um rund 70 Prozent auf nunmehr 228 Euro angehoben und die Einstiegsbezüge für die Polizeianwärter erhöht. Uns war es darüber hinaus wichtig, mit einer großen Kampagne für Polizei und Rettungskräfte auf das gesellschaftliche Klima einzuwirken, in dem die Polizei ihren Dienst verrichtet, und wir haben auch den strafrechtlichen Schutz von Einsatzkräften verbessert. Zugleich konnten wir verhindern, dass die Bundespolizei bei Einsätzen in Berlin von dem neuen Antidiskriminierungsgesetz der rot-rot-grünen Linkskoalition betroffen ist. Dem Gesetz zufolge muss nicht mehr derjenige, der Diskriminierungsvorwürfe erhebt, diese beweisen, sondern vielmehr muss der betroffene Polizist darlegen, dass er beispielsweise im Rahmen einer Personenkontrolle nicht diskriminiert hat – ein Irrsinn.

Mit der kleinen Novelle des Bundespolizeigesetzes wurden nun in dieser Woche die rechtlichen Grundlagen der Bundespolizei modernisiert. Das Bundespolizeigesetz stammt aus dem Jahre 1994 und ist seitdem im Wesentlichen unverändert. Allein schon aus diesem Zeitablauf ergibt sich, dass die Modernisierung der Rechtsgrundlagen überfällig ist. Die kleine Novelle wird die Bundespolizei ein Stück aufwerten: Sie soll neue Aufgaben und Verwendungen unter Wahrung des sonderpolizeilichen Charakters und ein verbessertes Befugnisinstrumentarium erhalten. Unter anderem wird die Bundespolizei neue Befugnisse bei der Telekommunikationsüberwachung und zukünftig in klar begrenzten Fällen auch die Zuständigkeit für Abschiebungen inklusive der Antragsbefugnis für die Haft zur Sicherung der Abschiebung haben.

Mit dem Sicherheitspaket der Union, das in dieser Sitzungswoche deutlich erkennbare Gestalt angenommen hat, machen wir auf einem Feld unserer Kernkompetenz einen großen Schritt nach vorn. Die neuen Gesetze sind auch Ausdruck unserer Wertschätzung der Arbeit unserer Sicherheitskräfte. Uns ist bewusst, dass die Mitarbeiter unserer Polizei und unserer Sicherheitsbehörden jeden Tag für unsere persönliche Sicherheit und Freiheit arbeiten. Oft tun sie dabei keinen leichten Dienst, sondern setzen ihre Gesundheit, mitunter gar ihr Leben aufs Spiel. Dafür gebührt ihnen Dank, Anerkennung und Respekt.


Wie manipulationsanfällig ist die Bundestagswahl?

Inhaltlich unmittelbar damit verbunden ist eine Veranstaltung in der kommenden Woche, zu der ich Sie an dieser Stelle herzlich einladen möchte: Unter meiner Schirmherrschaft lädt die Konrad-Adenauer-Stiftung alle interessierten Bürgerinnen und Bürger zu einer digitalen Ausgabe des Franz-Meyers-Forums ein. Am kommenden Mittwoch, dem 16. Juni 2021, ist von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr mit Thomas Haldenwang der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu Gast und wird unter dem Titel „Zwischen Hasskommentaren und Fake News – Wie manipulationsanfällig ist die Bundestagswahl?“ referieren.

In der Corona-Pandemie tritt in besonderer Weise der mit dem digitalen Zeitalter verbundene Wandel hervor, der mittlerweile sämtliche Lebensbereiche erfasst. Dies gilt auch für das politische System. Doch was bedeutet das für unsere Demokratie? Welche Gefahren lauern bei einem Großereignis wie der anstehenden Bundestagswahl in den Weiten des Internets? Schließlich findet inzwischen ein bedeutender Teil des öffentlichen Diskurses im Internet, besonders in den Sozialen Medien statt. Die Sozialen Medien prägen mehr und mehr den Prozess der Meinungsbildung in unserer Gesellschaft. Doch dieser Gewinn für die Meinungsfreiheit hat auch eine Schattenseite: Hass und Hetze verbreiten sich ebenso schnell wie Fake News. Das Internet ist aber kein rechtsfreier Raum. Wir als Gesetzgeber haben Gegenmaßnahmen ergriffen, um den Auswüchsen entgegen zu treten.

Der Kampf gegen Desinformation und Hass besitzt inzwischen eine globale Dimension. Autoritäre Systeme wittern ihre Chance, die westlichen Demokratien zu schwächen und zu spalten. Ist Deutschland im Vorfeld der Bundestagswahl auf ein solches Szenario vorbereitet? Diese Fragen werden wir am nächsten Mittwoch mit allen Interessierten und natürlich mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang diskutieren.

Wenn Sie Interesse an einer Teilnahme haben, melden Sie sich auf der Internet-Seite www.guenter-krings.de über den Online-Anmeldelink oder in meinem Mönchengladbacher Büro unter (02161) 247296 bis zum 15. Juni 2021 an. Sie erhalten dann rechtzeitig vor der Veranstaltung alle notwendigen Einwahlinformationen. Das Franz-Meyers-Forum findet über Zoom und YouTube statt.

Ich freue mich darauf, Sie dort zu sehen.

Herzliche Grüße

Ihr Günter Krings