Krings-Kolumne: Überzeugt und überzeugend

04.08.2019

Das Europäische Parlament hat Ursula von der Leyen zur neuen Präsidentin der EU-Kommission gewählt. Die 60jährige Christdemokratin wird ihr Amt am 1. November 2019 antreten und die Europäische Kommission fünf Jahre lang leiten, sobald nach der Sommerpause auch die Kommission als Ganzes bestätigt ist. Ihre Wahl ist nicht nur für uns Deutsche ein historisches Ereignis: Zum ersten Mal steht eine Frau an der Spitze der Kommission, und nach mehr als 50 Jahren wieder eine Deutsche. Ursula von der Leyen scheint wie geschaffen für diese Aufgabe: Geboren 1958 in Brüssel, spricht sie neben unserer Muttersprache fließend Englisch und Französisch. Leider hat die eine oder andere politische Kraft hierzulande noch nicht verstanden, welche Chance diese Wahl für die europäische Idee in Deutschland eröffnet.

Nun wird eine überzeugte und überzeugende Europäerin Chefin der EU-Kommission. Leidenschaftlich hat Ursula von der Leyen bei den Abgeordneten des Europäischen Parlamentes um Vertrauen geworben – mit Erfolg. Wenn nun eine Ärztin die Geschicke der EU lenkt, drängen sich die eine oder andere humorvolle Bemerkung über den Zustand Europas geradezu auf. Aber die Sache ist viel zu ernst. Uns steht der Brexit bevor, die Trennung von unseren britischen Freunden schmerzt uns hier in Mönchengladbach besonders. Die Ukraine-Krise ist ungelöst, die Spannungen mit den Iran verschärfen sich zusehends. Wir brauchen eine Politikerin, die Gräben überwinden und Brücken bauen kann. Eine Politikerin, die für ein einiges und starkes Europa streitet.

Ursula von der Leyens Akzeptanz im Europäischen Parlament ist umso bemerkenswerter, berücksichtigt man die Auseinandersetzung um das Spitzenkandidaten-Modell. Die Fraktionen im Europäischen Parlament konnten sich nach der Europawahl nicht auf einen Spitzenkandidaten einigen. Mir war ohnehin schleierhaft, wie man ernsthaft über den zweit- oder drittplatzierten Spitzenkandidaten als Kommissionspräsident diskutieren konnte. Die mit Abstand stärkste Fraktion im Europaparlament ist die EVP, der CDU und CSU angehören. Dass nicht ein Wahlverlierer, sondern eine EVP-Vertreterin Kommissionspräsidentin wird, hat eben viel mit Demokratie zu tun.

 

Es grüßt Sie herzlich!

Ihr Mann in Berlin

Dr. Günter Krings