Krings-Kolumne: Eskalation mit Ansage

13.09.2020

Verstörende Bilder waren es, die wir jüngst aus Berlin zu sehen bekamen. Bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen haben Demonstranten die Absperrungen vor dem Reichstag durchbrochen, wenig später befinden sich die Aktivisten auf den Treppen zu unserem Parlament. Zu sehen waren verschiedene Flaggen, aber eben auch solche des Deutschen Reiches. Eine skurrile Mischung, zu der offensichtlich auch Reichsbürger und Rechtsextremisten gehören. Sie missbrauchten das Symbol unserer Demokratie für ihre Zwecke.

Das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut. Auch und gerade in einer so herausfordernden Zeit wie der Corona-Pandemie müssen kontroverse Debatten und verschiedene Meinungen erlaubt sein. Aber diese Freiheiten enden dort, wo unsere Regeln mit Füßen getreten werden. Das gilt für die demokratisch legitimierten Corona-Regeln, die von einer überwältigenden Mehrheit der Menschen beachtet werden. Das gilt auch für den Reichstag, der als Sitz des Deutschen Bundestages unantastbar bleiben muss.

Mein Dank gilt den Polizeibeamten, die mit ihrem Einsatz Schlimmeres verhütet haben. Aber es war eine Eskalation mit Ansage. Der Versuch des Berliner Innensenators, die Demonstration zu verbieten, war an sich richtig: im Versammlungsrecht kommt es wie im Polizeirecht auf eine Gefahrenprognose an. Wer aber ein Demo-Verbot nicht (nur) mit hochwahrscheinlichen Rechtsbrüchen begründet, sondern meint, einer bestimmten politischen Richtung wolle man „keine Bühne bieten“, gießt nur unnötig Öl ins Feuer. Und dann lies man unser Parlament mehr oder weniger schutzlos. Der rot-rot-grüne Senar von Berlin hat der Demokratie einen schlechten Dienst erwiesen.


Es grüßt Sie herzlich!

Ihr Mann in Berlin

Dr. Günter Krings