Krings-Brief vom 7. Juni 2019

07.06.2019

Die Themen im Überblick:
Nachlese zur Europawahl, Migrationsgesetze, gegen Hasspostings, 30 Jahre friedliche Revolution


Krings-Brief vom 07. Juni 2019


Sehr geehrte Damen und Herren,


die zurückliegende Europawahl, die Wahl in Bremen und die zehn Kommunalwahlen haben in den letzten Tagen das politische Deutschland aufgewühlt. Die SPD hat dabei ihre Partei- und Fraktionsvorsitzende verloren. Die Union steht weiterhin für Verlässlichkeit und Handlungsfähigkeit und ist bereit, den Koalitionsvertrag voll zu erfüllen. Aber auch wir müssen aus diesem schlechten Wahlergebnis Konsequenzen ziehen.

Bei der Klausurtagung des Bundesvorstandes haben wir selbstkritisch und mit großem Ernst die Wahlausgänge diskutiert. Wir wollen im Ergebnis zukünftig stärker die Digitalisierung vorantreiben und bis zum Bundesparteitag im November eine „Digitalcharta Deutschland“ vorlegen, in der wir unsere Leitprinzipien und unsere Vorschläge für zum Beispiel öffentliche Dienstleistungen, Wirtschaft, Verkehr, Arbeitswelt und Bildung definieren.

Wir stehen zu den in Paris vereinbarten Klimaschutzzielen. Dazu wollen wir eine nachhaltige Soziale Marktwirtschaft, das heißt, wir werden den Klimaschutz innerhalb unserer Wirtschafts- und Sozialpolitik besser verankern und dies mit technologischen Lösungen und Innovationen erreichen. Damit die CO2-Emissionen weiter sinken, bekennen wir uns zum Ausstieg aus der Kohleverstromung. Das ist ein großer Beitrag zum Klimaschutz, den gerade auch NRW leistet, den wir in der Klimaschutzdebatte aber auch viel offensiver vertreten müssen.

Klar ist für mich aber, dass das jetzige System aus Energiesteuern, Energieabgaben und Umlagen auf den Prüfstand gehört, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, aber die Energiekosten auch bezahlbar zu halten. Die bisherigen Maßnahmen haben ein sehr unterschiedliches und nicht immer zufriedenstellendes Kosten/Nutzen-Verhältnis.

Zu den Konsequenzen der Europawahl ist vor einer Woche ein Namensartikel von mir FOCUS Online erschienen, den Sie hier nachlesen können.


Großes Migrationspaket beschlossen

Heute haben wir nach langen und nicht immer einfachen Verhandlungen erfolgreich ein Migrationspaket mit sieben einzelnen Gesetzen verabschiedet. Zahlreiche Nachschärfungen im Laufe der parlamentarischen Beratungen, die die Unionsfraktion der SPD abgerungen hat, waren nötig, um das Paket nun zu beschließen. Die Einigung war trotz der personalpolitischen Turbulenzen in der SPD am Montag zustande gekommen. Das zeigt, dass die Koalition normal weiterarbeitet.

Die Rechtspflicht, Deutschland zu verlassen, wird von einer hohen Zahl vollziehbar Ausreisepflichtiger nicht befolgt. Wesentlicher Teil der Migrationspolitik ist aber die Rückkehr derer, die unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Bleiberecht in Deutschland haben. Das heute verabschiedete „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ überabeitet das Ausweisungsrecht entsprechend so, dass Personen, die wegen Sozialleistungsbetrugs oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt wurden, leichter ausgewiesen werden können. Auch der besondere Ausweisungsschutz wird überarbeitet und zielgenauer für die jeweilige zu schützende Personengruppe gefasst. Fehlanreize zum rechtswidrigen Verbleib im Bundesgebiet trotz vollziehbarer Ausreisepflicht werden beseitigt. Vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern wird die Duldung mit dem Zusatz „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ erteilt, wenn die Abschiebung aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, weil sie das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführen oder sie zumutbare Handlungen zur Erfüllung ihrer Passbeschaffungspflicht nicht vornehmen.

Die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland hängt allerdings in entscheidendem Maße davon ab, wie gut es gelingt, die Fachkräftebasis der Unternehmen und Betriebe zu sichern und zu erweitern. Unternehmen haben bereits heute Schwierigkeiten, für bestimmte Qualifikationen, Regionen und Branchen qualifizierte Fachkräfte zu finden. Die Zahl der offenen Stellen ist aktuell auf rund 1,2 Millionen angestiegen. Dieser Fachkräftemangel kann sich bald zur Wachstumsbremse für Deutschland ausweiten.

Deswegen soll es eine gezielte und gesteuerte Steigerung der Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften zukünftig geben. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz schafft innerhalb des bestehenden migrationspolitischen Ordnungsrahmens die Voraussetzungen dafür, dass diejenigen Fachkräfte, die die deutsche Wirtschaft benötigt, nach Deutschland kommen können. Es wird klar und transparent geregelt, wer zu Arbeits- und zu Ausbildungszwecken kommen darf und wer nicht. Dafür werden die Vorschriften des dritten und vierten Abschnitts des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) gänzlich neu strukturiert und umfassend neu gefasst. Zudem wird die Beschäftigungsverordnung (BeschV) entsprechend angepasst. Wenn ein Arbeitsvertrag und eine anerkannte Qualifikation vorliegen, können Fachkräfte in allen Berufen, zu denen sie ihre Qualifikation befähigt, arbeiten. Die Beschränkung auf die Engpassbetrachtung entfällt. Auf die Vorrangprüfung wird bei Fachkräften im Grundsatz verzichtet; verbunden wird dies jedoch mit der Möglichkeit, auf Veränderungen des Arbeitsmarktes unkompliziert reagieren und die Vorrangprüfung kurzfristig wieder einführen zu können.


Den Rechtstaat gegen Hasspostings durchsetzen

Antisemitismus, Volksverhetzung und Aufrufe zu Straftaten – Hasskommentare im Internet zu hinterlassen ist denkbar einfach. Mit einem Mausklick können Beleidigungen, Bedrohungen oder fremdenfeindliche Kommentare verbreitet werden. Deshalb müssen wir uns diesen Straftaten konsequent entgegenstellen. Aus diesem Grund fand gestern der vierte bundesweite Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings statt.

Der Bund und insgesamt zehn Bundesländer haben sich mit Hausdurchsuchungen, Vernehmungen und weiteren Maßnahmen an der Aktion beteiligt. Der Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings unterstreicht, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Das schnelle Löschen von Hasskommentaren im Internet, wie es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz vorsieht, ist genauso wichtig wie die strafrechtliche Verfolgung der Täter.

Die Anzahl von strafbaren Hasspostings hat sich in den letzten Jahren erheblich gesteigert. Sie entsprechen einem beachtlichen Anteil von 4,1% der Straftaten. Hasspostings belasten das gesellschaftliche Klima und führen zu einer Verrohung der Umgangsformen im Internet. Daher ist es wichtig, solche Hasskommentare zur Anzeige zu bringen und konsequent strafrechtlich zu verfolgen.


30 Jahre friedliche Revolution

Vor 30 Jahren haben die Bürger in der DDR die Mauer zum Einsturz gebracht. Mit dem Mut der Verzweifelten haben sie für Freiheit und Demokratie gekämpft. Ein Koalitionsantrag von CDU/CSU und SPD, der gestern in erster Lesung im Plenum behandelt wurde, soll diesen Mut würdigen.

Denn viele bezahlten für diesen Kampf einen hohen persönlichen Preis. Eltern, die der SED ein Dorn im Auge waren, wurden ihre Kinder entrissen, in Heime gesteckt oder zwangsadoptiert. Menschen wurden bespitzelt und inhaftiert. Biographien wurden gebrochen. Die Schicksale wirken bis heute nach.

Das SED-Unrecht kann nicht ungeschehen gemacht werden, doch wir wollen auch nach 30 Jahren Anerkennung und Gerechtigkeit für die Opfer. Viele Entscheidungen sind hierzu in den letzten Jahrzehnten bereits getroffen worden – eine Gemeinschaftsleistung der Menschen in Ost und West.

Um auch in Zukunft für die Opfer der DDR-Diktatur Gerechtigkeit walten zu lassen, machen wir uns für die Entfristung der Rehabilitierungsgesetzte stark. Mit einem Härtefallfonds wollen wir für Gerechtigkeit im Einzelfall sorgen. Wir wollen Kindern politisch verfolgter Eltern die Rehabilitierung ermöglichen. Zwangsadoptionen müssen soweit wie möglich aufgeklärt werden. Der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen soll zu einem unabhängigen Ansprechpartner für die Opfer weiterentwickelt werden.

Der gefährliche Einsatz der Opposition in der DDR und ihre Rolle im Herbst 1989 sollen auch in Zukunft als mahnende Erinnerung bestehen bleiben. Deswegen fordern die Koalitionsfraktionen in dem Antrag die Bundesregierung außerdem auf, bis Ende 2019 dem Bundestag ein Konzept für ein Denkmal zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland vorzulegen.

Für uns war und ist die Mahnung an das DDR-Unrecht zentral. Unrecht hat kein Verfallsdatum.

Herzliche Grüße

Ihr Günter Krings