Krings-Brief vom 28. Juni 2019

28.06.2019

Die Themen im Überblick:
Entsetzlicher Mordfall Lübcke, Grundsteuerreform, Regelung der Organspende


Krings-Brief vom 28. Juni 2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

der kaltblütige Mord an dem hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke ruft großes Entsetzen und Fassungslosigkeit hervor. Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen stammt der Tatverdächtige aus dem rechtsextremen Milieu. Ob noch mehrere Personen an der Tat oder ihrer Vorbereitung beteiligt waren, müssen nun die Sicherheitsbehörden mit dem Generalbundesanwalt an der Spitze umfassend klären.

Große Sorgen machen mir die in rechtsextremen Kreisen kursierenden Reaktionen auf Lübckes Handeln als Politiker und seinen Tod, deren Häme und Hass völlig inakzeptabel sind. Angriffe von Rechtsextremen auf unser Gemeinwesen dürfen wir nicht dulden. So tritt neben das Entsetzen die Entschlossenheit für den Kampf gegen Rechtsextremismus. Der Fall Lübcke unterstreicht erneut unsere Forderung nach einer Reform des Verfassungsschutzgesetzes, um Polizei und Staatsanwaltschaft erweiterte Möglichkeiten zu geben, sich stärker in den sozialen Netzwerken bewegen zu können, auf der Spur von Hasspostings und strafbaren Verhaltens. Das muss künftig auch unter Pseydonym möglich sein.

Die Stärkung des Verfassungsschutzes und eine maßvolle Erweiterung an Befugnissen, wie die Erlaubnis zur Telekommunikationsüberwachung an der Quelle sowie Online-Durchsuchungen – analog zum BKA-Gesetz –, liegt schon seit geraumer Zeit als Vorschlag vor, ist bisher jedoch vom Bundesjustizministerium gestoppt worden. Die Stärkung des Verfassungsschutzes und ein noch stärkerer Fokus auf den Rechtsextremismus sind wir Walter Lübcke und unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland schuldig.


Grundsteuer-Reform

Eine wichtige, alle betreffende Neuerung ist gestern mit mehreren Anträgen im Bundestag in 1. Lesung beraten worden: die Reform der Grundsteuer. Diese Reform sichert die Einnahmen der Kommunen und stärkt die föderale Vielfalt. Mit einer Änderung des Grundgesetzes soll die Gesetzgebungskompetenz des Bundes abgesichert und eine umfassende Öffnungsklausel für die Länder eingeführt werden. Das heißt: Jedes Land kann dann ohne inhaltliche Vorgaben des Bundes sein eigenes Grundsteuer-Gesetz machen.

Die Reform ist ein starkes Bekenntnis zum Föderalismus und ermöglicht passgenaue Lösungen. Auf unterschiedliche Gegebenheiten etwa zwischen Ballungszentren und ländlichen Räumen kann damit in jedem Land flexibel eingegangen werden. Zudem wird so ein „Wettbewerb der Modelle“ ermöglicht. Die Union hat in den Beratungen besonderen Wert darauf gelegt, dass mit der Neuregelung der Grundsteuer Wohnen, Gewerbe und Landwirtschaft nicht zusätzlich belastet werden und dass keine unnötige Bürokratie entsteht. Das erreichen wir mit den Verbesserungen am Grundsteuergesetz und mit der Öffnung für Abweichung.

Unangetastet bleibt das kommunale Hebesatzrecht: Damit bestimmen auch künftig Städte und Gemeinden die Höhe der Grundsteuer. Erforderlich ist nun die für eine Grundgesetzänderung notwendige Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Wird die Reform dann so im Herbst beschlossen, kann jedes Land entscheiden, ob es das Bundesrecht anwendet oder sein eigenes Gesetz beschließt. Eine Landesregelung ist dann ab sofort möglich, kann aber auch erst in den kommenden Jahren erfolgen. Denn die Neuregelung des Bundes bewirkt, dass die bestehende Grundsteuerregelung noch bis 2024 unverändert angewendet werden kann.

Die Grundsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle der Städte und Gemeinden, das Aufkommen liegt bundesweit bei mehr als 14 Milliarden Euro und kommt in vollem Umfang den Kommunen zugute. Die Reform ist notwendig, da das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr die jetzigen Grundsteuerregelungen für verfassungswidrig erklärt hatte.


Fraktionsübergreifende Anträge zur Organspende im Bundestag diskutiert

Zu einem weiteren, schon seit längerem diskutierten Vorhaben haben in dieser Woche ebenfalls die parlamentarischen Beratungen Fahrt aufgenommen. Der Bundestag debattierte bereits am Mittwoch in erster Lesung über zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Organspende, die beide von fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppen angekündigt wurden.

Denn die Zahl von Menschen, die auf ein Spenderorgan warten, ist in Deutschland leider immer noch sehr hoch. Die Zahl der Menschen, die bereit sind, im Todesfall ihre Organe zu spenden, steigt hingegen nur sehr langsam – trotz zunehmender Aufklärung und Bewerbung des Organspendeausweises. Wie die derzeitige Situation verbessert werden kann, war bereits Gegenstand des Gesetzes für bessere Strukturen und Zusammenarbeit in der Organspende, das am 1. April 2019 in Kraft getreten ist. Nun berät der Deutsche Bundestag, wie die Zahl an Organspenden erhöht werden kann. In diesem ethisch sehr schwierigen Thema müssen Lösungsvorschläge gut begründet und abgewogen werden, weswegen die Anträge auch fraktionsübergreifend erarbeitet wurden.

Der erste Entwurf, den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach zusammen erarbeitet haben, sieht künftig eine Widerspruchslösung vor, nach der automatisch jeder zum Organspender wird, der dem nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Alle Personen ab 16 Jahren sollen demnach ausführlich informiert und als Spender bundesweit registriert werden – es sei denn, sie widersprechen.

Der Widerspruch soll in einem bundesweiten Register dokumentiert werden. Den Eintrag können die Betroffenen jederzeit selbst erstellen, bearbeiten und auch löschen. Im Zweifel sollen Angehörige über eine Organspende entscheiden können, wenn sie glaubhaft machen können, dass der Betroffene kein Spender sein wollte.

Einen konkurrienden Entwurf hat eine interfraktionelle Parlamentariergruppe um die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock, sowie die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Karin Maag, vorgelegt, der auf eine bewusste und freiwillige Entscheidung der Menschen und deren ausdrückliche Zustimmung zur Organspende setzt. Konkret ist darin ein bundesweites Onlineregister für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende vorgesehen, welches für alle volljährigen Bürger sowie im Bedarfsfall für Kliniken einfach und sicher erreichbar sein soll. Eingerichtet werden soll es beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information.

Regelmäßige Befragungen der Bürger sowie Hinweise auf die Registriermöglichkeit soll es beim Abholen von Ausweispapieren bei den zuständigen Stellen des Bundes und der Länder geben. Dort vor Ort soll eine Registrierung ebenso möglich sein wie eine Registereintragung oder -änderung von zu Hause aus. Als Voraussetzung für die Nutzung des Registers ist eine entsprechende Aufklärung und ergebnisoffene Beratung der Menschen vorgesehen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung soll dafür geeignetes Aufklärungsmaterial zur Verfügung stellen.

Über die Anträge ist nach der zweistündigen Debatte im Plenum noch nicht entschieden worden; die Vorlagen sind zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen worden.


Morgen starten wir in die parlamentarische Sommerpause, so dass Sie in diesem Format erst wieder im September von mir lesen. Ich bin aber traditionell in meinem Wahlkreis auf meiner alljährlichen Sommertour unterwegs, wo wir uns vielleicht persönlich sehen. Zudem können Sie meine Aktivitäten auf meiner Homepage  und meinem Facebook-Account verfolgen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer und gute Erholung!


Herzliche Grüße


Ihr Günter Krings