Krings-Brief vom 23. April 2020

23.04.2020

Die Themen im Überblick:
Lockerung der Corona-Maßnahmen, Gesetzesvorhaben gegen Folgen der Pandemie 

 

Krings-Brief vom 23. April 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

Bund und die Länder haben in den vergangenen Tagen Lockerungen der Kontaktverbote beschlossen sowie weitere Maßnahmen, die die Ausbreitung des Virus bremsen sollen. Gleichzeitig haben wir im Bundestag milliardenschwere Hilfspakete auf den Weg gebracht, um die Folgen wirtschaftlich und sozial abzufedern.

Für mich ist klar, dass die Beschränkungen zur Eindämmung der Epidemie nach wie vor sehr weitreichend sind und eine erhebliche Belastung für die Bürger und für die Wirtschaft darstellen. Ich bleibe aber dabei: Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung und insbesondere der Schutz von Risikogruppen genießt nach wie vor oberste Priorität. Das Leitmotiv hierbei ist jedoch Augenmaß und Disziplin: Wir brauchen für das Wiederhochfahren unserer Gesellschaft die gleiche Geduld und Vorsicht wie für das erfolgreiche Senken der Infektionsgeschwindigkeit in den vergangenen Wochen. Nur wenn uns das gelingt, dann glückt uns auch dieser wirtschaftliche und soziale Neustart.

Wichtig ist, dass wir mit der Rückkehr zu mehr Bewegungsfreiheit weiterhin nicht den Gesundheitsschutz vernachlässigen, damit der wochenlange Shutdown nicht umsonst war. Der öffentliche Gesundheitsdienst wird dazu zurzeit durch einen Kraftakt stark aufgestockt. Die kommunalen Gesundheitsämter erhalten zusätzliches Personal, um eine Nachverfolgung der Fälle zu gewährleisten. Daran arbeiten Gesundheitsminister Jens Spahn, aber auch unsere Städte und Landkreise mit Nachdruck.

Mein besonderer Dank gilt weiterhin den Beschäftigten im Gesundheitsdienst und in den Krankenhäusern. Ihre Arbeit verdient unser aller Respekt und Anerkennung.


Lockerung der Maßnahmen in NRW

Speziell in Nordrhein-Westfalen kommen nun folgende Änderungen zum Tragen:

Maskenpflicht
Wie inzwischen in ganz Deutschland besteht auch in NRW – hier ab dem 27. April 2020 – die Pflicht, im öffentlichen Personennahverkehr und beim Einkaufen eine Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eine so genannte Alltagsmaske zu tragen. Nach Experten-Auffassung kann auch das Tragen von Alltagsmasken dazu beitragen, das Infektionsrisiko zu reduzieren. Das wichtigste Mittel zur Begrenzung des Corona-Virus bleibt: Abstand halten und die konsequente Einhaltung von Hygieneregeln.

Öffnung vieler Geschäfte
Zusätzlich zu den Geschäften, die bisher geöffnet waren – u.a. Lebensmitteleinzelhandel, Drogeriemärkte, Apotheken, Baumärkte – dürfen nun auch alle Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² Verkaufsfläche wieder öffnen. Unabhängig von der Größe dürfen ab 20. April 2020 in Nordrhein-Westfalen zusätzlich auch Kfz-Händler, Fahrradhändler, Buchhändler, Einrichtungshäuser und Baby-Fachmärkte unter bestimmten Auflagen öffnen. Ebenso dürfen Einkaufszentren, Shopping Malls und vergleichbare Einrichtungen öffnen, damit die Geschäfte, die darin liegen und öffnen dürfen, aufgesucht werden können. Und auch die Gastronomie darf für den „Außer-Haus-Verkauf“ geöffnet sein. Aber: Der Verzehr von Speisen und Getränken ist im gesamten Einkaufszentrum untersagt.

Ab 27. April 2020 dürfen – unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen – auch diejenigen Geschäfte öffnen, die ihre Verkaufsfläche auf höchstens 800 Quadratmeter Verkaufsfläche reduzieren können. Nordrhein-Westfalen wird seine Regelungen im Einzelhandel im Verbund mit seinen Nachbarländern Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz und der großen Mehrheit der anderen Länder dahingehend anpassen.

Wichtig ist hier: Alle Einrichtungen müssen geeignete Vorkehrungen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts, zur Vermeidung von Warteschlangen und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen Personen treffen. Dabei darf sich nur ein Kunde pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche im Laden befinden.

Weiterhin geschlossen bleiben müssen:

  • Bars, Clubs, Diskotheken, Spielhallen, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Kinos, Museen, Prostitutions- und Amüsierbetriebe,
  • Friseure, Nagelstudios, Fitness-Studios, Sonnenstudios, Schwimm- und Spaßbäder, Saunen, Sportvereine, Spiel- und Bolzplätze und sonstige Sport- und Freizeiteinrichtungen

Hinweis: Friseurbetriebe können sich darauf vorbereiten, unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen sowie unter Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung den Betrieb ab dem 4. Mai 2020 wiederaufzunehmen.

  • Volkshochschulen, Musikschulen, sonstige öffentliche und private Bildungseinrichtungen

Auch Gottesdienste und Großveranstaltungen sind nach wie vor noch untersagt. Gerade bei Gottesdiensten war das eine sehr schwierige Entscheidung. Gemäß des Auftrags der Ministerpräsidentenkonferenz vom 15. April habe ich mich in der vergangenen Woche daher im Bundesinnenministerium mit Vertretern der verschiedenen Religionsgemeinschaften getroffen, um gemeinsam zu überlegen, wie auch religiöse Feiern wieder stattfinden können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dies unter entsprechenden Auflagen des Gesundheitsschutzes ab Anfang Mai (nach erneuter Beratung der Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten) wieder möglich sein wird.

Anträge auf NRW-Soforthilfe 2020 wieder möglich
Kleinunternehmer, Freiberufler und Soloselbständige können seit 17. April 2020 wieder einen Antrag auf die NRW-Soforthilfe 2020 stellen. Das Antragsverfahren war nach dem Auftauchen betrügerischer Webseiten vorerst unterbrochen worden, erfolgt nun aber mit zusätzlichen Sicherheitsüberprüfungen. Die Hilfen können nach wie vor ausschließlich digital beantragt werden unter https://soforthilfe-corona.nrw.de. Auch die Auszahlung bereits bewilligter Anträge wird wiederaufgenommen.

Schulen werden schrittweise geöffnet
Am 20. April 2020 haben in Nordrhein-Westfalen zunächst die weiterführenden Schulen für Schulleitungen und Lehrkräfte wieder geöffnet, um den Schulbetrieb vorzubereiten. Ab heute können ausschließlich die Schülerinnen und Schüler, die in diesem Schuljahr Abschlüsse anstreben, wieder in die Schulen. Ab dem 4. Mai sollen dann auch die Grundschulen ihren Schulbetrieb wiederaufnehmen, sollte die Entwicklung der Infektionsraten dies zulassen. In den Grundschulen ist dies zunächst auf die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 4 beschränkt, um diese Kinder gut auf den im Sommer bevorstehenden Wechsel auf die weiterführenden Schulen vorzubereiten.

Sommersemester an Hochschulen findet als „Online-Semester“ statt
Aufgrund der Verbreitung des Corona-Virus in Nordrhein-Westfalen ist der Beginn der Vorlesungszeit an den nordrhein-westfälischen Hochschulen bereits Mitte März auf den 20. April verschoben worden. Um die derzeit geltenden kontaktreduzierenden Maßnahmen fortsetzen zu können, hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft gemeinsam mit den Landesrektorenkonferenzen der Universitäten, Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) sowie der Kunst- und Musikhochschulen vereinbart, das aktuelle Sommersemester als „Online-Semester“ stattfinden zu lassen. Die Hochschulen haben dafür gesorgt, dass im Zuge dieser Lösung ein breites digitales Lehrangebot zur Verfügung steht. Damit ist gewährleistet, dass das Sommersemester stattfinden kann und die Gefahr eines sogenannten Null-Semesters zu Lasten der Studierenden vermieden wird.

In diesem Zusammenhang: Bibliotheken, auch an Hochschulen und Fachhochschulen sowie Archive dürfen unter strengen Schutzauflagen (Personenbeschränkung, Mindestabstände etc.) öffnen.


Vier Gesetze für Bürger und Unternehmen

Ganz klar: Auch im Bundestag stellt der Kampf gegen die Folgen der Corona-Epidemie den größten Schwerpunkt für die Abgeordneten in dieser Sitzungswoche dar. Die Parlamentarier habaen über vier Gesetzesvorhaben beraten, mit denen Bürgern und Unternehmen geholfen werden soll.

Kulturlandschaft vor Insolvenzwelle schützen
Jeder von uns möchte endlich wieder Konzerte oder Fußballspiele besuchen können – doch das kulturelle Leben in Deutschland ist im Zuge der Corona-Epidemie komplett heruntergefahren worden. Neben vielen anderen sind davon auch Veranstalter von Freizeit-Events (Theater, Konzerthäuser, Sportveranstalter etc.) betroffen. Sie sollen nun besser vor einer Insolvenz-Welle geschützt werden, die droht, falls sie all die bereits verkauften Eintrittskarten jetzt zurücknehmen und auszahlen müssten. Das Ergebnis wäre eine Kultur- und Sportlandschaft, die nach Überwindung der Pandemie viel ärmer wäre als bisher.

Veranstalter von Freizeit-Events sollen deshalb durch das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der CO-VID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht“, über das der Bundestag am Mittwoch in erster Beratung debattiert hat, dazu berechtigt werden, den Inhabern der Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein zu übergeben. Der Gutschein kann dann entweder für eine Nachholveranstaltung oder eine alternative Veranstaltung eingelöst werden.

Der Kunde kann jedoch die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen, wenn ihm die Annahme des Gutscheins aufgrund seiner persönlichen Lebensverhältnisse unzumutbar ist oder wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wird.

Anpassung des Elterngelds
Im Zuge der Corona-Pandemie haben außerdem viele werdende und junge Eltern Verdienstausfälle zu beklagen, etwa weil sie in Kurzarbeit sind. Damit sie trotzdem die Voraussetzungen für den Bezug des Elterngeldes einhalten können, soll das Elterngeld durch das „Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der Covid-19-Pandemie“ angepasst werden. Damit verbunden ist das Vorhaben, die Elterngeldmonate aufschieben zu können. Konkret heißt das: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I aufgrund der Corona-Pandemie reduzieren das Elterngeld nicht und fließen auch bei der späteren Berechnung des Elterngeldes für ein weiteres Kind nicht mit ein.

Ebenfalls wichtig: Eltern, die in sogenannten systemrelevanten Berufen – etwa in Krankenhäusern – arbeiten und an ihrem Arbeitsplatz jetzt dringend benötigt werden, können ihre Elterngeldmonate aufschieben. Und: Eltern sollen den Partnerschaftsbonus nicht verlieren, wenn sie aufgrund der Corona-Pandemie aktuell mehr oder weniger arbeiten als geplant. Der Partnerschaftsbonus ist eine zusätzliche Leistung, die Mütter und Väter bekommen, die gleichzeitig Teilzeit arbeiten und sich die Kindererziehung teilen.

Größerer Schutz für unsere Schlüssel-Unternehmen
Kurz nach Ausbruch der Corona-Krise kursierte das Gerücht, die US-Regierung wolle ein Tübinger Biotechunternehmen oder deren momentan begehrtestes Forschungsobjekt aufkaufen – einen möglichen Impfstoff gegen das Corona-Virus.

Dieses Beispiel verdeutlicht, warum Übernahmen deutscher Firmen durch ausländische Investoren stärker kontrolliert und gegebenenfalls verhindert werden müssen. Dazu hat der Bundestag nun über eine Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes beraten. Die Novelle passt die Regelungen an die im April 2019 in Kraft getretene EU-Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (EU-Screening-Verordnung) an. Ihr Ziel ist es, kritischen Infrastrukturen sicherer als bisher zu schützen und damit die Versorgung in wichtigen Sektoren besser gewährleisten zu können. Zu den Wirtschaftsbereichen, die stärker vor dem Zugriff von Investoren außerhalb der EU geschützt werden sollen, gehören Medizintechnik sowie Schutzausrüstung, Energie und Telekommunikation, aber auch Cloud-Computing.

Unterstützung für Studenten und Wissenschaftler
Ganz klar: Die Pandemie macht auch vor der Wissenschaft nicht halt. Um auch hier schnell und unbürokratisch zu helfen, diskutierten wir im Bundestag nun über das „Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz“ (WissStudUG). Für Studierende und junge Menschen in schulischer Ausbildung, die sich in der Bekämpfung der Corona-Pandemie engagieren, soll damit der Hinzuverdienst aus allen systemrelevanten Branchen (etwa in Krankenhäusern) komplett von der Anrechnung auf das BAföG ausgenommen werden.

Ebenfalls wichtig: BAföG-Geförderte erhalten ihre Förderung bis auf weiteres auch, wenn der Lehrbetrieb an Schulen und Hochschulen wegen der COVID-19-Pandemie zeitweilig ausgesetzt ist.
Auch Wissenschaftler erhalten mehr Planungssicherheit: Ihre Qualifizierung, zum Beispiel eine Promotion oder Habilitation, sollen sie trotz der pandemiebedingten Beeinträchtigung der Hochschullandschaft weiterverfolgen können – die Höchstbefristungsdauer für Qualifizierungen wird nämlich pandemiebedingt um sechs Monate verlängert.
 

Herzliche Grüße – und bleiben Sie weiterhin gesund!

Ihr Günter Krings