Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist bitter

06.11.2023

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Wiederaufnahme eines Verfahrens nach rechtskräftigem Freispruch als verfassungswidrig zu erklären, ist bitter für die Angehörigen von Mordopfern. Ich hätte mir gewünscht, dass das Gericht die Belange der Familien der Opfer und der Allgemeinheit stärker gewichtet hätte. Vor allem, wenn neue Beweise bei Verbrechen wie Mord vorliegen, die in früheren Verfahren noch nicht vorlagen oder nicht ausgewertet werden konnten. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass die Entscheidung auch negative Auswirkungen auf die Verfolgung von Kriegsverbrechen haben wird: Jetzt werden deutsche Staatsanwälte noch vorsichtiger werden, ob sie beispielsweise ein russisches Kriegsverbrechen bei uns zur Anklage bringen, wenn hier nicht alle Beweismittel aus dem Kriegsgebiet optimal verfügbar oder erreichbar sind. Viele Kriegsverbrecher werden dann voraussichtlich gar nicht vor Gericht gebracht. Natürlich ist der Rechtsfrieden ein wichtiger Wert in unserer Verfassungsordnung. Allerdings habe ich große Zweifel, ob der Rechtsfrieden durch offensichtlich falsche Freisprüche bei Kapitalverbrechen wirklich gestärkt wird.