Bundestag stimmt über Suizid-Beihilfe ab

06.07.2023
Pressemitteilung

Gesetzliche Regelung bleibt nach Scheitern beider Anträge weiter aus

In der heutigen Bundestagsdebatte wurden zwei Gruppenanträge zur Suizid-Beihilfe abschließend beraten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung im Jahr 2020 entschieden hat, dass der bisherige § 217 StGB, der die geschäftsmäßige Suizidhilfe generell unter Strafe stellt, als verfassungswidrig aufgehoben wird, haben sich Abgeordnete fraktionsübergreifend zu verschiedenen Gruppen als Antragsteller zusammengefunden. Keiner der beiden Anträge fand dabei eine Mehrheit. Der Mönchengladbacher Bundestagsabgeordnete Dr. Günter Krings äußert sich wie folgt:

„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ein Grundrecht auf Suizid und Suizid-Beihilfe geschaffen hat, sehe ich zwar kritisch, aber es muss die Basis und Grenze für unsere Bemühungen sein, die Suizid-Hilfe so zu regeln, dass wir möglichst viele lebensmüde Menschen zum Leben ermutigen. Deshalb war ich Mitunterzeichner des Antrags von Ansgar Heveling, Lars Castellucci und anderen.

Dass dieser Antrag zwar die meisten Stimmen erhalten hat, aber keine ausreichende Mehrheit bekam, bedaure ich sehr, denn er hätte der Begründung eines ‚Geschäfts mit dem Tod‘ in Deutschland Einhalt gebieten können. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 stellt klar, dass es für das dort postulierte Grundrecht auf Suizid auch Schranken geben kann. Denn das Recht auf selbstbestimmtes Sterben wirkt nicht absolut, es tritt vielmehr in Kollision zur Pflicht des Staates, die Autonomie Suizidwilliger und darüber auch das höchstrangige Rechtsgut Leben zu schützen.

Ich unterstütze den Entwurf von Castellucci/Heveling, da eine strafrechtliche Regelung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor möglich und auch richtig ist. Mit dem neuen § 217 StGB bewirken wir den Schutz der Selbstbestimmung. Denn Schutz der Selbstbestimmung heißt Schutz von gefährdeten Gruppen, Schutz von denen, deren Selbstbestimmung gefährdet ist: psychisch Kranke, Menschen, die unter äußerem Druck stehen; Menschen in existenziellen Ausnahmesituationen. Der Schutz dieser Menschen kann nur mit Hilfe des Strafrechts effektiv gewährleistet werden, denn dieses bietet Grenzen und deren Überschreitungen werden geahndet.

Der Konkurrenzantrag einer Gruppe um Renate Künast u.a. enthielt ein aus meiner Sicht viel zu schwaches Schutzkonzept. Vor allem bliebe es aber folgenlos, wenn ein Arzt oder ein ‚Suizidverein‘ sich selbst über diese Regeln noch hinwegsetzen würde. Die jetzige Rechtslage ist aber kaum besser, weil Suizid-Hilfe nach Ablehnung unseres Antrags nun ohne Schranken und Schutzvorschriften erlaubt bleibt.

Einziger Lichtblick der heutigen Debatte war daher ein (allerdings rechtlich unverbindlicher) Antrag zur Suizidprävention: Den gemeinsamen Antrag beider Gruppen mit dem Titel „Suizidprävention stärken“ nahm das Parlament hingegen mit 693 Ja-Stimmen bei einer Nein-Stimme und vier Enthaltungen an.“