KringsBrief vom 8. April 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach dem Abzug der russischen Truppen aus Butscha Ende März erreichten uns Bilder schlimmster Kriegsverbrechen. Es wurden die Leichen hunderter ukrainischer Zivilisten entdeckt, die gefoltert, geschändet und ermordet worden sind.
Das berührt mich sehr und macht uns alle wütend und fassungslos.
Umso wichtiger ist es, dass Deutschland nicht zurücksteht hinter unseren europäischen Partnern bei der Unterstützung der Ukraine. Mit seinen in der dieswöchigen Fragestunde des Bundestages gegebenen Antworten und dem zaghaften Vorgehen wird Bundeskanzler Scholz der Verantwortung Deutschlands in dieser schlimmen Situation leider nicht gerecht.
Aus meiner Sicht hat die Ampel-Koalition nicht alles Zumutbare getan, um Putin zu stoppen. Statt zu agieren, reagiert die Bundesregierung nur auf Druck von außen. Auch bei der Lieferung von Waffen zur Selbstverteidigung der Ukraine liefert die Bundesregierung zu wenig, zu langsam und zu spät. Das kleine Estland schafft es, mehr zu liefern und auch noch schneller als das große Deutschland. Das ist bitter und für die Ukraine sehr enttäuschend.
Auch für den Schutz, die Hilfe und die Integration ukrainischer Frauen und Kinder in Deutschland muss die Ampel-Koalition deutlich mehr tun. Für die enorme Hilfsbereitschaft bin ich den Bürgerinnen und Bürgern und unseren Kommunen sehr dankbar.
Ohne dieses starke Engagement wäre die schnelle Hilfe für die Menschen, die zu uns kommen und für die, die in der Ukraine bleiben, nicht möglich. Die Bundesregierung wirkt mit ihren Aufgaben nämlich überfordert. Es gibt nach wie vor keinen belastbaren Plan, keine flächendeckende Registrierung bei der Ankunft und kein wirksames Schutzkonzept für die Kriegsflüchtlinge. Dabei ist eine gute Organisation die Voraussetzung dafür, dass Hilfe, Sicherheit und Integration für ukrainische Frauen und Kinder gelingt. Mit der mangelhaften Gesamtorganisation werden Länder, Kommunen und Sozialeinrichtungen im Regen stehen gelassen, denn das Chaos behindert leider eine zielgerichtete finanzielle Unterstützung der Einrichtungen vor Ort. Immerhin hat die Ministerpräsidentenkonferenz nach zähen Verhandlungen heute Nacht ergeben, dass ab 1. Juni die Grundsicherung für ukrainische Flüchtlinge verfügbar ist. Die Kosten für die Versorgung müssen die Kommunen daher richtigerweise nicht allein tragen, sondern der Bund unterstützt bei den Kosten für die Unterbringung im laufenden Jahr mit 500 Millionen Euro und bei den Kosten für die Integration in Kita oder Schule mit einem Betrag von 1 Milliarde Euro.
Lebensmittelversorgung und Preissteigerungen als Folge des Krieges mehr in den Blick nehmen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat auch große Auswirkungen auf die Versorgung mit Lebensmitteln – auf der Welt und auch in Deutschland. Die Bundesregierung muss jetzt die notwendigen Schritte einleiten, damit es nicht zu weltweiten Knappheiten und infolgedessen zu Hungersnöten kommt und bei uns die Preisanstiege nicht überhandnehmen. Die deutschen Landwirte sollen einen möglichst großen Beitrag zur Ernährungssicherung leisten. Deshalb muss die Bundesregierung unseren Landwirten in dieser globalen Notsituation endlich gestatten, alle verfügbaren Flächen für den Anbau von Nahrungsmitteln zu nutzen. Wie das gehen kann, zeigen wir als Unionsfraktion in unserem Antrag auf, der heute Vormittag im Plenum beraten wurde.
Mit diesem Antrag legen wir ein umfassendes Konzept vor, um die Nahrungsmittelversorgung angesichts der Verwerfungen durch Putins Angriffskrieg zu sichern. Denn mit den richtigen agrarpolitischen, handelspolitischen und entwicklungspolitischen Maßnahmen können wir die Ernährungssicherheit stärken. Insbesondere auf nationaler Ebene muss die Bundesregierung u.a. unverzüglich auf ökologischen Vorrangflächen den Anbau auch von Feldfrüchten – die nicht zur Erzeugung von Tierfutter dienen – erlauben. So wie es die EU-Kommission mit ihrem Aktionsplan zur Ernährungssicherung den EU-Staaten ausdrücklich eingeräumt hat.
Darüber hinaus müssen wir die sozialen Folgen von Preissteigerungen und Inflation in unserem Land im Blick behalten. Wir müssen die Auswirkungen der steigenden Preise für die Menschen in Deutschland wirksam dämpfen. Das in dieser Woche vorgelegte Regierungspaket kann nur ein erster Anfang sein. Da muss mehr kommen. Wir brauchen nicht nur bei den Lebensmitteln, sondern v.a. im Energiebereich Entlastungen für Alleinerziehende, für Pendler, für Selbstständige. Aber auch für kleine und große Unternehmen, deren Geschäftsgrundlagen durch Preisanstiege in Frage gestellt werden. Inwiefern das soeben vom Finanzminister angekündigte Hilfspaket da entlasten kann, werden wir sehen, wenn die Details veröffentlicht werden. Zumindest ist es ein gutes Signal.
Die deutsche G7-Präsidentschaft nutzen – In schwierigen Zeiten Führung zeigen.
Auch in den internationalen Beziehungen beeinflusst der russische Angriffskrieg viele Entscheidungen. Gestern hat die UN-Vollversammlung sich dafür ausgesprochen, die Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu suspendieren, nachdem auch die G7-Staaten diesen Entschluss gefasst hatten. Am gleichen Tag hat der finnische Präsident einen Nato-Antrag in Aussicht gestellt, obwohl Finnland bisher immer skeptisch gegenüber einem Beitritt war. Ferner haben die G7-Staaten sich auf neue ökonomische Sanktionen gegen Russland geeinigt, inklusive eines Kohleembargos. Und dies alles an einem einzigen Tag.
Umso unverständlicher ist es, dass die Bundesregierung in diesen Umbruchszeiten so wenig aus der G7-Präsidentschaft macht, die Deutschland am 1. Januar 2022 übernommen hat. Die internationalen Partner richten hohe Erwartungen an die Bundesrepublik Deutschland, sich international aktiv und mit dem gesamten Instrumentenkasten – diplomatisch, humanitär, entwicklungspolitisch und militärisch – einzubringen, und sie wurden in den letzten Monaten enttäuscht. Die Unionsfraktion hat in dieser Woche einen Antrag in den Bundestag eingebracht, mit dem wir notwendige Forderungen an die neue Bundesregierung richten: Sie muss die G7-Präsidentschaft nutzen, um diesen einzigartigen weltweiten Zusammenschluss demokratischer Staaten gegenüber den Anfeindungen und Angriffen autoritärer Staaten und Ideologien zu stärken. CDU und CSU erwarten von der Ampel, dass sie die G7 als Kern einer weltweiten „Allianz der Demokratien“, die ihre gemeinsamen Werte gegen autokratische Ansprüche verteidigt, ausbaut und in diesem Sinne an die erfolgreiche G7-Präsidentschaft Großbritanniens anknüpft.
Herzliche Grüße
Ihr Günter Krings
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