KringsBrief vom 12. November 2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
in diesem ersten KringsBrief der neuen, 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages möchte ich Ihnen zunächst für die kontinuierliche Unterstützung und Ihr Interesse an meiner Arbeit als Mönchengladbacher Abgeordneter danken. Es ist oft gesagt worden in den letzten Wochen: Das Wahlergebnis auf Bundesebene war für die CDU desaströs. Das hat auch für mich die Freude über meinen persönlichen Wahlsieg in Mönchengladbach und das erneut gewonnene Direktmandat natürlich getrübt. Aber ich bin sehr dankbar und froh, weitere vier Jahre meinen Wahlkreis, meine Heimat und die Interessen der in Mönchengladbach lebenden Bürgerinnen und Bürger vertreten zu dürfen und ich möchte diese Aufgabe in der Oppositionszeit umso motivierter angehen. Das mir entgegengebrachte Vertrauen ehrt mich sehr.
Es gilt jetzt die Oppositionsrolle im Deutschen Bundestag voll und ganz anzunehmen. Unser Rollenwechsel ist kein Grund zur Depression, sondern zur äußersten Konzentration: Wir haben jetzt nicht nur Personalfragen zu klären, sondern uns inhaltlich neu und klar aufzustellen. Wir müssen dabei deutlich machen, wo die „Ampel“ Zukunftschancen für unser Land liegen lässt und unsere Ideen dagegensetzen.
In der heute endenden Sitzungswoche haben wir die voraussichtliche Ampel-Koalition und ihre Politik bereits kritisch unter die Lupe genommen. Das Auslaufen der epidemischen Lage in der jetzigen Situation, in der heute die Inzidenz auf einen erschreckenden Rekordwert von fast 264 gestiegen ist und wir allein für die letzten 24 Stunden erneut über 48.000 Neuinfektionen vom RKI gemeldet bekommen haben, sehen wir äußerst kritisch, wenn damit der notwendige Schutz unserer Bevölkerung nicht mehr gewährleistet wird. Die Vorschläge von SPD, Grünen und FDP zum Ersatz der bisherigen starken Instrumente reichen nämlich bei weitem nicht aus. Wir laufen Gefahr, dass sich die Lage in den Krankenhäusern dramatisch zuspitzt. Deswegen ist es gut, dass Olaf Scholz und die SPD heute endlich dem Drängen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der unionsgeführten Länder nachgegeben haben und es nun schnell eine Ministerpräsidentenkonferenz zur Koordination der Lage gibt. Unser nordrhein-westfälischer Ministerpräsident Hendrik Wüst, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, hat schnell reagiert und für nächste Woche Donnerstag eingeladen. Die Ampelparteien müssen sich durchringen, Verantwortung zu übernehmen und sich der Realität zu stellen.
Als Union wollen wir wirksame Instrumente und klare rechtliche Rahmenbedingungen, um den Anstieg der Neuinfektionen zu bremsen. Unter anderem wollen wir eine Testpflicht für Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindergärten oder Alten- und Pflegeheime. Auch 3G am Arbeitsplatz, gekoppelt mit einem Anspruch der Arbeitgeber, den Immunstatus der Arbeitnehmer zu erfahren, ist jetzt notwendig. Starkes und beherztes Handeln zum Schutze der Menschen in unserem Land ist das Gebot der Stunde.
Härtere Strafen bei gefälschten Impfpässen
Obwohl die „Ampel“-Koalition sich noch in ihren Verhandlungen befindet, hat diese Sitzungswoche bereits einige heftige Debatten mit sich gebracht. Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes stand ein Gesetzesentwurf der CDU/CSU zur Verbesserung des Schutzes vor Impfpassfälschungen auf der Tagesordnung: Aufgrund der COVID-19-Pandemie haben Impfnachweise enorm an Bedeutung gewonnen. Denn für die jeweilige Inhaberin oder den jeweiligen Inhaber können sie zur Aufhebung von Beschränkungen führen oder zur Teilnahme an bestimmten, im Hinblick auf den Infektionsschutz weniger streng regulierten Veranstaltungen berechtigen. Diese zunehmende Relevanz der Impfnachweise hat dazu geführt, dass Impfnachweise vermehrt gefälscht und in Umlauf gebracht werden. Gerade in der aktuellen prekären Infektionslage stellen gefälschte Impfnachweise eine erhebliche Gefährdung der Erfolge im Kampf gegen die Corona-Pandemie dar. Denn durch die Nutzung gefälschter Impfnachweise können andere Personen dem Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion ausgesetzt sein, und damit kann auch die Funktionsfähigkeit der medizinischen Notfallversorgung gefährdet werden. Die Straftatbestände des Strafgesetzbuches (StGB), die die Fälschung von Gesundheitszeugnissen betreffen, sehen bisher allerdings als Strafrahmen nur Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem oder zwei Jahren vor. Zudem gibt es keine Versuchsstrafbarkeit. Das wird dem erheblichen Unwert solcher asozialen Taten in Zeiten der Pandemie nicht gerecht. Schon dieses erste rechtspolitische Projekt der sich bildenden Koalition kann bestenfalls als halbherzig bezeichnet werden.
Gerichte haben bereits bestätigt und entschieden, dass das Gebrauchen eines gefälschten Gesundheitszeugnisses im privaten Bereich nach der zurzeit bestehenden Rechtslage straffrei sei. Denn es erfordert den Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft, so dass beispielsweise die Vorlage bei einer Apotheke oder dem Arbeitgeber nicht darunterfällt. Als besteht schon seit Monaten dringender Handlungsbedarf, den das SPD-geführte Justizministerium nicht wahrhaben wollte, obwohl sowohl die Justizminister der Länder als auch die Ministerpräsidenten das Bundesjustizministerium dringend um Hilfe gebeten haben.
Ziel des Gesetzentwurfs der CDU/CSU-Fraktion ist es, die bestehenden Strafbarkeitslücken wirksam zu schließen, um die Besserstellung von Tätern von Urkundenfälschungen in Bezug auf Gesundheitszeugnisse zu beenden. Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Verwendung gefälschter Gesundheitszeugnisse erhebliche Gefahren für den Gesundheitsschutz von Dritten mit sich bringen kann. Wer Impfpässe fälscht oder solche Fälschungen benutzt, gefährdet wissentlich das Leben sowie die Gesundheit anderer Menschen und erschüttert das Vertrauen der Gesellschaft in die Bekämpfung der Pandemie. Ein solches Unrecht wiegt schwer und muss hart bestraft werden.
Migrationslage an der polnisch-belarussischen Grenze
Gerade als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesinnenminister habe ich in der Zeit seit der großen Flüchtlingswelle in 2015 oft und viel mit dem Thema Migration und Flüchtlinge zu tun gehabt. Nicht mit allen Entscheidungen war ich in den letzten Jahren zu 100 % einverstanden, aber am Ende meiner Amtszeit möchte ich feststellen: Der unionsgeführten Bundesregierung ist es gelungen, die Migrationszahlen deutlich zu senken und ein gutes Gleichgewicht zwischen Humanität und Ordnung herzustellen. Kein anderes Land in Europa hat in den letzten Jahren mehr Flüchtlinge aufgenommen als Deutschland und somit für die tatsächlich Verfolgten eine große humanitäre Leistung vollbracht.
Gleichzeitig erleben wir derzeit an der östlichen EU-Außengrenze eine ähnliche Tragödie, wie wir sie bereits an der türkisch-griechischen oder an der marokkanisch-spanischen Grenze erlebt haben: Migranten werden in einem Akt hybrider Konfliktführung missbraucht, um außenpolitische Ziele zu erreichen. Diktator Lukaschenko degradiert die vielfach hilflosen Menschen zum machtpolitischen Instrument seiner konfrontativen Politik nach innen wie nach außen, überlässt sie dem herannahenden Winter und verursacht so eine immer kritischer werdende humanitäre Notlage.
Die EU darf nicht zusehen, wie Menschenleben an ihren Außengrenzen so gefährdet werden. Das belarussische Regime befördert aktiv die irreguläre Einreise in die Europäische Union, indem es Staatsangehörigen bestimmter Länder aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie Asien die visafreie oder „touristische“ Einreise nach Minsk ermöglicht und deren Beförderung an die Grenzen zu Polen, Litauen und Lettland organisiert. Einmal in der Europäischen Union angekommen, besteht das primäre Ziel für die meisten von ihnen in einer Weiterreise nach Deutschland.
Der kriminelle Charakter der belarussischen Staatsführung wurde der Welt spätestens durch die Entführung eines Passagierflugzeuges der Ryanair im Mai 2021 vor Augen geführt. Das Regime steht seit den gefälschten Präsidentschaftswahlen im August 2020 für gezielte Tötungen von friedlichen Demonstranten, für systematische und staatlich angeordnete Willkür, für Folter und Gewalt.
Die Europäische Union darf sich von den Machenschaften des belarussischen Diktators nicht erpressen lassen, sondern muss wirksame Maßnahmen zur Eindämmung dieser illegalen Migrationsbewegungen ergreifen. Sie muss zudem gegenüber allen Staaten, die bei diesem Akt modernen Schleusertums mitwirken, Maßnahmen ergreifen, um dieser beförderten Migration ein Ende zu setzen. Dies muss eine absolute Priorität für die deutsche Außenpolitik sein.
Keinesfalls darf Deutschland in dieser Situation Anreize setzen, die den Migrationsdruck auf die europäischen Außengrenzen erhöhen oder zu einer Zunahme des Weiterwanderns von Asylbewerbern aus einem bereits sicheren EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland führen.
Maßnahmen wie der bereits im Zuge der Sondierung von den Ampelparteien vereinbarte Spurwechsel für abgelehnte Asylbewerber, eine Liberalisierung des bestehenden Staatsangehörigkeits- und Bleiberechts und die offenbar angeregte massive Erhöhung der Asylbewerberleistungen, würden zu noch mehr Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme führen, Deutschland und Europa weiter spalten und damit Autokraten, wie dem belarussischen Präsidenten Lukaschenko, in die Hände spielen.
Bereits diese Ankündigungen der Ampelparteien dürften den Anreiz erhöht haben, dass sich wieder mehr Menschen auf gefährlichen Routen einen Weg in die Europäische Union und insbesondere nach Deutschland suchen.
Planungssicherheit für Familien und Kommunen
Ein Thema in dieser Sitzungswoche hat gezeigt, dass die Arbeit des Bundestages in vielen Bereichen Kontinuität aufweist und eine Bundestagswahl zwar die Zusammensetzung, nicht aber zwangsläufig auch die Themensetzung beeinflusst: Der Deutsche Bundestag hat in der letzten Legislaturperiode mit dem Ganztagsförderungsgesetz die stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder ab dem Jahr 2026 auf den Weg gebracht. Der Bund unterstützt Länder und Kommunen bei diesem Ausbau mit 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote. Ein Teil der Mittel wurde 2020 im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets bereitgestellt.
Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder kann sowohl in Horteinrichtungen als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen erfüllt werden. Es ist davon auszugehen, dass noch mehr als 800.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden müssen.
Aufgrund der derzeit sehr angespannten Lage im Handwerk, die einhergeht mit teilweise erheblichen Lieferengpässen von Baumaterialien, ist schon jetzt absehbar, dass bereits begonnene Bauvorhaben nicht mehr bis 31. Dezember 2021 fertiggestellt werden können. Damit können teilweise auch die im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung „Finanzhilfen des Bundes für das Investitionsprogramm zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder“ zur Verfügung stehenden Beschleunigungsmittel bis 31. Dezember 2021 nicht mehr verausgabt werden. Es besteht die Gefahr, dass Kommunen auf den Kosten für entsprechende Bauvorhaben sitzen bleiben.
Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, dass der Bund in Abstimmung mit den Bundesländern die sowohl in der Verwaltungsvereinbarung „Finanzhilfen des Bundes für das Investitionsprogramm zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder“ als auch im Ganztagsfinanzhilfegesetz vorgesehene Frist für die Verausgabung der Mittel um eine angemessene Zeit über den 31. Dezember 2021 hinaus verlängert.
Herzliche Grüße
Ihr Günter Krings
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