Krings-Brief vom 22. Februar 2019
Sehr geehrte Damen und Herren,
am vergangenen Sonntag hat der US-Präsident die europäischen Verbündeten per Twitter aufgefordert, IS-Kämpfer zurückkehren zu lassen und dann vor Gericht zu stellen. In der Tat, in Nord-Syrien sitzen IS-Kämpfer und zum Teil deren ganze Familien in Gefangenschaft, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Damit diese IS-Kämpfer nach ihrer Rückkehr nach Deutschland nicht zu einem ernsten Sicherheitsrisiko werden, müssen wir Klarheit über die Identität, die Staatsangehörigkeit und die Straftaten der Personen haben. Wir brauchen belastbare Beweise, wenn wir sie zu einer Verurteilung bringen wollen.
Soweit IS-Kämpfer mehr als eine Staatsangehörigkeit haben, halte ich eine Rückreise nach Deutschland nicht für zwingend. Im Bundesinnenministerium haben wir einen Gesetzentwurf erarbeitet, wonach Doppelstaatler die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn ihnen die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann. Seit letztem November liegt der entsprechende Gesetzentwurf zum Verlust der Staatsangehörigkeit des Bundesinnenministeriums beim Bundesjustizministerium zur Abstimmung vor. Dieses Vorhaben ist mit dem Koalitionspartner im Koalitionsvertrag fest verabredet worden, sodass ich hoffe, dass Frau Barley diesen Gesetzentwurf nun zügig bearbeitet und zustimmen wird.
Die IS-Terroristen, aber auch ihre Ehefrauen, haben sich von den Werten unseres Landes losgesagt, indem sie versucht haben, in Syrien ein islamistisches Kalifat zu errichten. Diese Leute haben zum Teil schwere Kriegsverbrechen begangen und sich freiwillig und aus Überzeugung einer der gefährlichsten Terrororganisationen angeschlossen. Eine Pflicht, sie aktiv zurückzuholen, gibt es nicht, schon gar keine moralische oder humanitäre. Allerdings werden wir verhindern, dass deutsche IS-Kämpfer unkontrolliert nach Deutschland zurückkommen. Deswegen haben unsere Strafverfolger schon eine Reihe von Ermittlungsverfahren begonnen. Dazu brauchten sie keinen Tweet aus dem Weißen Haus.
Durchbruch für den Digitalpakt
W-LAN, Tablets, Whiteboards - in den kommenden fünf Jahren überweist der Bund den Ländern insgesamt fünf Milliarden Euro für eine bessere digitale Ausstattung der Schulen. Das Geld darf auch für die digitale Weiterbildung der Lehrer eingesetzt werden. Ich bin sehr froh, dass wir zu einer guten Einigung gelangt sind, denn unsere Schulen in Mönchengladbach und Nordrhein-Westfalen werden von dem Digital-Pakt sehr profitieren.
Der Vermittlungsausschuss zwischen Deutschem Bundestag und Bundesrat hat dem Kompromissvorschlag der Arbeitsgruppe zugestimmt. Damit ist der Weg frei für den Digitalpakt Schule. Nach einem intensiven politischen Austausch konnte sich der Bund mit den Ländern einigen. Hauptstreitpunkt war die Co-Finanzierung künftiger gemeinsamer Projekte. Der ursprünglich geplante Entwurf des Bundes sah mit der Verfassungsänderung eine 50-Prozent-Beteiligung der Länder bei allen weiteren gemeinsamen Projekten vor. Das lehnten die Länder ab. Im Gegenzug haben die Länder das Zugeständnis gemacht, dass für den Bund aber die Kontrolle darüber bleibt, ob seine Finanzmittel auch tatsächlich für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden. Die Länder sollen zur Auskunft verpflichtet sein, wenn der Bund Berichte und Akten anfordert.
Nordrhein-Westfalen wird von den rund fünf Milliarden Euro Bundeszuschuss eine Milliarde erhalten. Davon werden unsere Schulen und unsere Schülerinnen und Schüler unmittelbar profitieren. Ich bin überzeugt: Bildung ist und bleibt aus gutem Grund Ländersache, denn sie können die regionalen Besonderheiten und lokale Ideen und Initiativen viel besser aufnehmen. Allerdings gibt beim Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen ein berechtigtes nationales Interesse, bei dem der Bund fördern darf und auch sollte.
Parallel zu dem Digitalpakt Schule haben wir in dieser Woche auch die Nachfolgestrategie der Digitalen Agenda im Bundestag beraten. Auf Grundlage von fünf Handlungsschwerpunkten (Digitale Kompetenz, Infrastruktur und Ausstattung, Innovation und digitale Transformation, Gesellschaft im digitalen Wandel, Moderner Staat) hat die Bundesregierung ein umfassendes Aufgabenbuch mit ganz konkreten Schritten vorgelegt, vom Digitalpakt Schule bis hin zur Digitalisierung der Landwirtschaft. Dabei gilt es, nicht zuletzt auch durch die Digitalisierung, die sich bietenden Chancen für Menschen und Wirtschaft zu nutzen, und Deutschland als Wirtschaftsstandort zu erhalten und nachhaltig zu stärken. Deshalb ist es wichtig, dass Deutschland auch zukünftig mit Innovationen aufwartet und wettbewerbsfähig bleibt. Mehr Schwung, weniger Skepsis – so bringen wir die Digitalisierung in Deutschland voran. Wir müssen besser und schneller in der Umsetzung unserer digitalen Vorhaben werden und für die Menschen spürbar machen, wie sich ihr Alltag durch Digitalisierung verbessert.
Eine Frage der Gerechtigkeit
Ein weiteres, für mich sehr wichtiges Thema, das in dieser Woche in Berlin eine besondere Rolle gespielt hat, ist die Generationengerechtigkeit. Nachhaltigkeit wird in der Öffentlichkeit hauptsächlich als ökologisches Prinzip diskutiert. Sie betrifft aber alle Politikfelder und ist damit ein sogenanntes Querschnittsthema. Anlässlich des Welttages der sozialen Gerechtigkeit am Mittwoch diskutierte die Unionsfraktion in Berlin auf einem Kongress darüber, ob der Nachhaltigkeitsaspekt im Sinne künftiger Generationen ins Grundgesetz aufgenommen werden sollte. Die Verankerung des Nachhaltigkeitsprinzips im Grundgesetz könnte so zum verbindlichen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber werden. Denn Politik darf sich nicht nur an den nächsten Wahlen und an den Interessen der Wählerschaft der Gegenwart ausrichten. Wir möchten an die nächsten Generationen ein Land weitergeben, das noch handlungsfähig ist.
Der Aspekt der Gerechtigkeit muss in meinen Augen auch bei den vorgelegten Rentenkonzepten der einzelnen Fraktionen Beachtung finden: Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag auf die Einführung einer Grundrente geeinigt und nehmen damit ein zentrales sozialpolitisches Projekt in Angriff. Mit unserem CDU-Rentenkonzept wollen wir die Sorgen vieler Bürger vor Armut im Alter aufnehmen und ein Signal der Anerkennung senden: Lebensleistung verdient Respekt. Dafür reicht der Verweis auf die Hilfe zum Lebensunterhalt im Alter durch die Grundsicherung allein aber nicht aus. Zu den Empfängern der Grundsicherung können auch Menschen gehören, die 35 Jahre lang in die Rentenversicherung eingezahlt, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Wir möchten diesen Menschen ein Alterseinkommen gewährleisten, das 10 % über der Grundsicherung liegt. Unsere Botschaft ist klar: Arbeit soll sich auch in der Rente lohnen.
Im Vergleich dazu besteht bei dem von Bundesarbeitsminister Heil vorgelegten Entwurf an entscheidenden Stellen Handlungsbedarf. Denn wir möchten zielgerichtet die Lebensleistung von Menschen honorieren, die trotz 35 Jahren oder mehr an harter Arbeit auf die Grundsicherung angewiesen sind. Sie sollen mehr haben als diejenigen, die überhaupt nicht gearbeitet haben. Das ist aber ohne eine entsprechende Überprüfung nicht zu erreichen. Deswegen ist für mich ein klarer Gerechtigkeitsmaßstab unverzichtbar. Helfen wollen wir, wo Hilfsbedürftigkeit besteht, aber auch nur da, denn wir geben hier auch das Steuergeld von Arbeitnehmern aus. Denn die eigene Rente ist nicht zwingend die einzige Einkommensquelle im Alter. In vielen Fällen sind Rentner über ihren Ehepartner abgesichert oder besitzen andere Einkünfte, beispielsweise aus der Vermietung eines Hauses oder einer Wohnung. Hier ist es einfach nicht angebracht, eine Sozialleistung zu gewähren.
Das ist eben auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Geld brauchen wir natürlich auch an anderer Stelle, etwa bei den Fragen der Zukunftssicherung. Ich denke nur an Investitionen in Bildung und Forschung. Nur mit einer Gerechtigkeitsprüfung bei der Grundrente erreichen wir einen angemessenen Ausgleich.
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