Krings-Brief vom 28. September 2018
Sehr geehrte Damen und Herren,
die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat am vergangen Dienstag satzungsgemäß den Fraktionsvorsit-zenden und den Fraktionsvorstand neu gewählt.
Ich gratuliere meinem Landesgruppenkollegen Ralph Brinkhaus zu seiner Wahl zum Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion. Mit 125 zu 112 Stimmen ist der Ostwestfale in der Fraktionssitzung zum Nachfolger von Volker Kauder gewählt worden, der 13 Jahre lang das Amt des Fraktionsvorsitzenden innehatte. Es sind zwei exzellente Kandidaten angetreten. Die Wahl und das knappe Ergebnis spiegeln dies wider. Manch andere Fraktion würde uns um eine solche Auswahl beneiden. Die in der gleichen Sitzung erfolgte Wiederwahl aller Sprecher und der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden unterstreicht die Stabilität und Kontinuität der Fraktionsarbeit auch mit einer neuen Spitze.
Ich bin mir sicher, dass Ralph Brinkhaus eine hervorragende Arbeit als Fraktionsvorsitzender machen und neue Akzente setzen wird. Die Landesgruppe NRW wird ihn dabei unterstützen. Zugleich empfinde ich hohen Respekt vor der langjährigen Arbeit des bisherigen Vorsitzenden Volker Kauder. Seit 13 Jahren habe ich mit ihm stets vertrauensvoll und produktiv in unserer Fraktion zusammengearbeitet, davon vier Jahre als sein Stellvertreter für die Rechts- und Innenpolitik.
Gute Pflege ist uns wichtig
Auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums standen in dieser Woche aber auch weitreichende Gesetzesentwürfe zu aktuellen Problemen. Eines dieser Themen ist, dass die Beschäftigungszahlen in der Pflege mit dem stark wachsenden Bedarf nicht Schritt halten können, und das obwohl die Zahl der Beschäftigten in der Kranken- und Altenpflege in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat; auch die Zahl der Auszubildenden in diesen Berufen hat einen Höchststand erreicht. In der Folge dieser Schere zwischen Bedarf und Personalverfügbarkeit hat sich die Arbeit für viele Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege in den letzten Jahren immens verdichtet. Als Ergebnis der gestiegenen Arbeitsbelastung müssen wir unter anderem einen höheren Krankenstand und ein frühzeitiges Aus-scheiden von Pflegekräften aus dem Beruf verzeichnen.
Uns ist klar: Werden keine Gegenmaßnahmen eingeleitet, führt dies zu einer Verschärfung des Mangels an Pflegekräften und zu weiter steigenden Belastungen für die verbleibenden Kräfte.
Mit dem von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegten Gesetz sollen daher spürbare Entlastungen im Alltag der Pflegekräfte durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege erreicht werden, um die Pflege und Betreuung der Patientinnen und Patienten sowie der Pflegebedürftigen weiter zu verbessern.
Mit einem Sofortprogramm will Bundesminister Spahn die Arbeitssituation in der Kranken- und Altenpflege so bald wie möglich spürbar verbessern. Das Programm sieht zum Beispiel die Finanzierung jeder zusätzlichen und jeder aufgestockten Stelle für Pflegekräfte in den Krankenhäusern. Außerdem sollen rückwirkend bereits ab dem Jahr 2018 tariflich vereinbarte Entgeltsteigerungen für die Pflegekräfte von den Kostenträgern vollständig refinanziert werden. Des Weiteren wird die Finanzierung des erhöhten Bedarfs von Krankenhäusern an Pflegepersonal durch die Kostenträger ebenso verbessert wie die Finanzierung der Ausbildungsvergütungen. Zumal die strukturverbessernden Wirkungen des Krankenhausstrukturfonds, der fortgeführt wird, dazu beitragen können, die Zahl ausgebildeter Pflegekräfte zu vergrößern und das vorhandene Pflegepersonal effizienter einzusetzen.
Ab dem Jahr 2020 dann wird die Finanzierung der Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser auf eine neue, von den Fallpauschalen unabhängige, krankenhausindividuelle Vergütung der Pflegepersonalkosten umgestellt. Im Bereich der Altenpflege erhält dann jede vollstationäre Pflegeeinrichtung zusätzlich Pflegepersonal, das von der Krankenversicherung pauschal vollfinanziert wird.
Zur Entlastung des Pflegepersonals sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Pflegeversicherung durch einen Zuschuss die Digitalisierung in der ambulanten und stationären Altenpflege fördert. Denn hier sind Neuerungen dringend notwendig, um dem Pflegepersonal mehr Zeit für die tatsächliche Pflege zu geben. Erleichternd kommt hinzu, dass verbindliche Kooperationsverträge die Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten mit stationären Pflegeeinrichtungen stärken werden. Hierfür soll zudem ein technischer Standard für die digitale Kommunikation entwickelt werden. Und auch der Anwendungsbereich der Nutzung von Sprechstunden per Video wird erweitert werden.
Über die berufliche Entlastung hinaus wollen wir uns auch zunehmend um die persönliche Entlastung kümmern, denn wir wissen, dass Pflege eine anstrengende Arbeit ist. So wird die betriebliche Gesundheitsförderung für Pflegekräfte in der Kranken- und Altenpflege gestärkt und ausgebaut. Außerdem werden wir eine finanzielle Unterstützung für Maßnahmen einrichten, die es Pflegekräften in der Alten- und Krankenpflege ermöglicht, ihre Berufstätigkeit mit eigenen Aufgaben in der Familie und bei der familiären Pflege zu vereinbaren.
Doch nicht nur professionelles Pflegepersonal wird bei dem umfassenden Gesetzentwurf bedacht. Es wird darüber hinaus eine Regelung geben, die es auch pflegenden Angehörigen künftig erleichtert, einen verbesserten Zugang zu Leistungen der medizinischen Rehabilitation zu erhalten.
Grundgesetzänderung für bessere Bildungsinfrastruktur
Auf ein weiteres akutes Problem, diesmal in der Bildungspolitik, zielt der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf einer Grundgesetzänderung ab, der heute im Plenum diskutiert wurde. Hinter-grund ist, dass die Bildungsinfrastruktur in Deutschland aufgrund der gewachsenen Herausforderungen gemeinsam von Bund und Ländern verbessert werden muss. Dafür ist eine Investitionsoffensive für Schulen in Deutschland erforderlich. Vor allem in Ballungsgebieten verzeichnen die Kommunen steigende Schülerzahlen; zugleich wandeln sich bundesweit die Anforderungen an die Gebäudeinfrastruktur erheblich und gehen dabei über die anstehenden und oft überfälligen allgemeinen Sanierungsmaßnahmen hinaus. So benötigen Schulen für das Lernen in der digitalen Welt leistungsstarke und angemessene IT-Infrastrukturen. Erhebliche strukturelle Lücken bestehen zudem in der ganztägigen Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter.
Die gesellschaftliche Bedeutung dieses Themenfeldes ist stark gewachsen. Früh einsetzende Ganztagsangebote ermöglichen eine verstärkte individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern und leisten damit einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit. Angesichts des hohen Investitionsbedarfs ist es aber erforderlich, die Möglichkeiten des Bundes zu einer aufgabenbezogenen Mitfinanzierung der Aufgabenwahrnehmung durch die Länder zu erweitern. Denn die Zuständigkeit für diese Maßnahmen liegt nach der Verfassung grundsätzlich bei den Ländern. In den vergangenen Jahren hatte der Bund bereits im Rahmen der beschränkten verfassungsrechtlichen Möglichkeiten die Länder unterstützt.
Um die Unterstützungsleistungen des Bundes ausweiten zu können, ist eine Grundgesetzänderung nötig. Dafür hat der Bundestag bereits im Sommer 2017 mit dem Artikel 104c des Grundgesetzes (GG) einen Schritt hin zu einer noch stärkeren Beteiligung des Bundes aus gesamtstaatlicher Verantwortung bei der Verbesserung der kommunalen Bildungsinfrastruktur umgesetzt. Der Artikel 104c GG ermöglicht es dem Bund nun, die aus gesamtstaatlicher Sicht dringend notwendige Sanierung und Modernisierung der schulischen Gebäudeinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen gezielt mit Bundesmitteln zu unterstützen. Diese Regelung greift jedoch dort zu kurz, wo Länder und Kommunen bundesweit und unabhängig von einer kommunalen Finanzschwäche mit ihren Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur vor besonderen Herausforderungen stehen, die auch von finanz- und strukturstarken Kommunen nicht in der gebotenen Zeit alleine zu bewältigen sind. Das betrifft insbesondere den notwendigen flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschul- und Betreuungsangebote sowie die Bewältigung der Herausforderungen, die die schnell fortschreitende Digitalisierung in allen Lebensbereichen für das Bildungswesen mit sich bringt.
Wir dürfen allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass die Bildungsinfrastruktur im Rahmen der Kulturhoheit grundsätzlich eine Aufgabe der Länder ist. Bei allen wichtigen und vielerorts auch unerlässlichen Hilfen müssen wir weiterhin darauf achten, die Verantwortlichkeiten des föderalen Systems nicht aufzuweichen. Am Ende der Beratungen in den Ausschüssen müssen die Grundgesetzzuständigkeiten weiterhin klar erkennbar bleiben.
Wohnungsnot bekämpfen
Ein drittes großes Thema wurde in dieser Woche auf dem „Wohngipfel“ diskutiert. Hier haben Bundesregierung, Vertreter von Ländern, Kommunen, der Bau- und Immobilienwirtschaft, des Deutschen Mieterbundes und der Gewerkschaften über die schwierige Lage auf dem Wohnungsmarkt beraten. Mit verschiedenen Maßnahmen will die Bundesregierung die Wohnungsnot bekämpfen und die hohen Wohn- und Mietkosten, vor allem in den Ballungszentren, dämpfen. Alles, was Bauen ermöglicht und erleichtert, ist dabei ebenso wichtig wie weitere mietrechtliche Veränderungen. Vor allem die geplante Reduzierung bei der Modernisierungsumlage soll eine spürbare Entlastung für die Mieter und Schutz vor dem sogenannten ‚Herausmodernisieren‘ bringen.
Hinzu kommt die geplante Verschärfung der Mietpreisbremse. Im Koalitionsvertrag hatten wir uns bereits vorgenommen, den Gesamtkomplex „Mietspiegel“ zu reformieren und dabei auch eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums zu prüfen. Deshalb werden wir uns in den parlamentarischen Beratungen genau anschauen, wie sich eine Verlängerung der Betrachtung auf die letzten sechs Jahre auf Mieten, aber auch auf die Finanzierbarkeit von Wohnungen auswirkt. Nachdem die Mieten zuletzt stark gestiegen sind, dürfte nun Raum sein für eine stärker deckelnde Wirkung. Daneben muss es unser Ziel sein, mit aussagekräftigen Mietspiegeln in möglichst vielen Kommunen verlässliche und berechenbare Angaben über die zulässige Miete bereit zu stellen. Das hilft den Mietern und den vielen privaten Vermietern gleichermaßen.
Letztlich aber kann nur ein größeres Wohnungsangebot die Probleme lösen. Dabei sollten wir gezielt und verstärkt die Potenziale von Wohnungsgenossenschaften nutzen, die als gemeinsames Projekt der Bewohner ohne zusätzlichen Gewinn preiswertes und modernes Wohnen besonders gut anbieten können.
Herzliche Grüße
Ihr Günter Krings
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